Japans Polizeiboxen für Brasilien
Japan geniesst den Ruf, eines der sichersten Länder der Welt zu sein. Zur effizienten Verbrechensprävention trägt unter anderem das System der engmaschigen Polizeipräsenz bei. Ein dichtes Netzwerk von kleinen Polizeihäusern – sogenannten Koban – ist eines der auffälligsten Merkmale der japanischen Städte. 1874 wurde die erste solche «Polizeibox» errichtet. Inzwischen gibt es über 6000 davon im ganzen Land.
Wenn Sie diesen Artikel gratis lesen, bezahlen andere dafür. Mit einem Abo sichern Sie die Zukunft dieses Japan-Blogs.
Die dort stationierten Polizisten erledigen dabei eine ganze Reihe von Aufgaben, die über die gewöhnlichen Kompetenzen eines klassischen Gesetzeshüters hinausgehen. Der lokale Polizist sucht aktiv den Kontakt mit den Menschen im Quartier und kennt die lokalen Probleme und Sorgen. Ausserdem bietet er sich bei der Suche nach einer bestimmten Strasse oder einem Ort als hilfsbereite Auskunftsstelle an. Vertrauen schaffen anstatt Furcht auslösen ist das Prinzip.
Die Zahlen geben dem System recht. 2013 gab es weniger als 1000 Fälle von Tötung oder versuchter Tötung. Verbrechen mit Schusswaffen sind praktisch inexistent. 2012 wurden gerade mal 28 Schiessereien gezählt (Asienspiegel berichtete). In einem Land mit 127 Millionen Einwohnern ist dies fast schon eine makellose Statistik.
Nach Brasilien exportiert
Auch das diesjährige Fussball-WM-Land Brasilien ist auf den Geschmack des japanischen Sicherheitskonzeptes gekommen. Seit dem Jahr 1999 wurden in 12 Bundesstaaten des grössten südamerikanischen Landes schrittweise das System der lokal verwobenen Polizeistationen eingeführt. Besonders in der Metropole São Paulo war die Sicherheitslage in den 1990er-Jahren so dramatisch, dass sich die Behörden besonders offen für einen völlig neuen Ansatz zur Verbrechensprävention zeigten.
Im Viertel Jardim Ranieri wurde 1999 der Anfang gemacht. Heute gilt der Ort im Süden von São Paulo, wo rund 50’000 Menschen leben, als ein Musterbeispiel für die erfolgreiche Umsetzung des Koban-Prinzips. Anstatt Gewalt mit Gegengewalt zu bekämpfen, hat sich die Polizei mit dem japanischen Ansatz in die Kommune integriert.
Neben dem Koban-Gebäude steht eine Bibliothek, die für alle offen ist. Gleichzeitig begann die Polizei, für die Kinder im Viertel Geburtstags- und Weihnachstfeiern zu veranstalten, wie Infosurhoy 2011 berichtete. Mit den Barbesitzern einigte man sich zudem, den Betrieb jeweils um 23 Uhr schliessen. Die Massnahmen schufen das bitter nötige Vertrauen. Zuvor gefürchtet, wurde die Polizei allmählich zur vertrauensvollen Anlaufstelle für die lokale Bevölkerung.
Massiv weniger Mordfälle
Die Methoden wirkten Wunder. Laut der Yomiuri Shimbun wurden in Jardim Ranieri 1999 unvorstellbare 600 Mordfälle gezählt. 2011 waren es noch 3. In São Paulo gibt es mittlerweile über 200 kleine, fest eingerichtete Polizeistationen. Das reicht aber noch lange nicht, um in der 20-Millionen-Stad die perfekte Sicherheit im japanischen Stil zu gewähren. Die brasilianische Regierung möchte daher weiter ausbauen. In den nächsten drei Jahren will sie gar in allen 27 Bundesstaaten Koban-Häuser errichten.
Für die erfolgreiche Umsetzung dieses Projekts sorgt ein enger Austausch der Polizeibehörden der beiden Länder. Seit Jahren werden brasilianische Polizisten zur Ausbildung nach Japan geschickt. Umgekehrt geben auch regelmässig japanische Polizisten in Brasilien ihre Erfahrung im gemeinsamen Einsatz weiter, wie NHK News berichtet.
Auch Singapur kennt die Boxen
Brasilien ist übrigens nicht das erste Land, welches das japanische Sicherheitskonzept übernommen hat. Bereits in den 1980er-Jahren führte Singapur das Koban-System mit Hilfe der japanischen Polizeibehörde schrittweise ein. Und über Brasilien hat das Koban-System bereits den Weg in zentralamerikanische Länder wie El Salvador, Guatemala, Honduras und Nicaragua gefunden.
Ohne Abonnenten kein Asienspiegel
Februar 2024 – Wenn Sie diesen Artikel gratis lesen, bezahlen andere dafür. Mit einem Abo sichern Sie die Zukunft dieses Japan-Blogs, der über 5000 kostenlos zugängliche Artikel bietet.
VORTEILE JAHRES-ABO
Jahres-Abonnenten stehe ich für Fragen zur Verfügung. Klicken Sie hier, um mehr darüber zu erfahren.
- Zahlungsmittel: Master, Visa, PayPal, Apple Pay, Google Pay
- Für TWINT bitte via Asienspiegel Shop bezahlen
- Für Banküberweisung hier klicken