Roboter anstatt Einwanderer

Ein Land, dessen Wirtschaft nicht über genügend Arbeitskräfte verfügt, setzt gewöhnlich auf Einwanderer. Japan hingegen möchte einen ganz anderen Weg einschlagen: Roboter sollen es richten. Die Bevölkerung des Inselstaates altert rasant. Bereits heute ist jeder vierte Japaner über 65 Jahre alt. Der damit einhergehende Bevölkerungsrückgang nimmt gleichzeitig an Tempo auf. Bis 2048 könnte die Einwohnerzahl von aktuell 127 Millionen auf unter 100 Millionen sinken.
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Die Auswirkungen sind bereits spürbar. Alleine der Bauindustrie fehlen in den nächsten 6 Jahren 150’000 Arbeiter, um die Sommerspiele 2020 und den Wiederaufbau im Nordosten bewältigen zu können (Asienspiegel berichtete). Auch die Gesundheitsbranche benötigt laut der Yomiuri Shimbun durch die Überalterung dringend mehr Personal, 1 Million bis 2025 um genau zu sein. Der Landwirtschaft sterben derweil langsam die Bauern weg. Heute bewirtschaften 60 Prozent über 65-Jährige die Felder, während die Kinder schon längst in die Städte gezogen sind.
Skepsis gegenüber Einwanderung
Kurzfristig setzt die Regierung auf klassische Lösungsansätze. Für die Bau- und Pflegebranche sollen ausländische Arbeitskräfte die Lücke füllen. Deren Aufenthaltsbewilligungen wird jedoch gemäss aktuellen Plänen auf maximal fünf Jahre befristet sein (Asienspiegel berichtete).
Denn auf eine Immigration im klassischen Sinne möchte die Regierung unter Premierminister Shinzo Abe verzichten. Die Skepsis gegenüber einer offenen Zuwanderungspolitik ist in der japanischen Bevölkerung traditionell gross, weil es dies schlichtweg noch nie gegeben hat. Eine Einwanderungspolitik kennt das Land derzeit nur für qualifizierte Fachkräfte.
Roboter sollen es richten
Um möglichst wenig daran zu ändern, will die Regierung daher auf die Hilfe von Robotern setzen, um den akuten Personalmangel zu bekämpfen. Die staatliche Unterstützung der Roboterindustrie soll laut FNN News zu einem wichtigen Teil von Abes Wirtschaftsstrategie werden. Der Fokus liegt auf der Entwicklung von Robotersystemen, welche im Pflegebereich, in der Landwirtschaft, beim Bau, bei Naturkatastrophen oder in Fabriken eingesetzt werden können.
Beispielsweise sollen Roboteranzüge die Arbeit im Pflegebereich erleichtern. Die japanische Firma Cyberdyne arbeitet schon seit Jahren an solchen Modellen (Asienspiegel berichtete). In der Landwirtschaft könnten automatisierte Traktoren die Arbeit auf dem Feld erledigen. Unbemannte Helikopter könnten bei Unterhaltskontrollen von Brücken eingesetzt werden. In Katastrophengebieten sollen künftig Roboter ganz selbstverständlich zum Einsatz kommen.
Spezialisierte Roboter
Die Regierung peilt für die Roboterbranche bis 2020 eine Verdreifachung des Umsatzes auf 2,4 Billionen Yen (17,3 Milliarden Euro) an, wie die Yomiuri Shimbun berichtet. Dazu will sie die Entwicklung von möglichst preisgünstigen Robotern mit spezialisierten Funktionen fördern, um eine schnelle und erfolgreiche Verbreitung in den entsprechenden Branchen durchzusetzen – und um den Ruf nach zusätzlichen Arbeitskräften letztlich überflüssig zu machen.
Der Telekomkonzern Softbank hat bereits Anfang Juni vorgemacht, wie diese Roboterzukunft aussehen könnte. Mit Pepper bringt sie 2015 eine Maschine auf den Markt, welche mit den Menschen aktiv interagieren kann und damit gerade für den Pflegebereich von Interesse sein könnte (Asienspiegel berichtete).
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