Die härteste Prüfung
Japan zählt rund 4 Millionen öffentliche Angestellte. 10’000 davon werden zur Elite gezählt. Sie sind nach offizieller Lesart die Besten des Landes, die Staatsbeamten, die einst die schwierige Eintrittsprüfung der Klasse 1 geschafft haben und heute leitende Funktionen in den Ministerien innehaben.
Wenn Sie diesen Artikel gratis lesen, bezahlen andere dafür. Mit einem Abo sichern Sie die Zukunft dieses Japan-Blogs.
Nicht wenige sagen, dass diese Elite-Bürokraten die wahre Macht im japanischen Staat sind. Während die Politiker in Regierungsämtern kommen und gehen, bleiben sie ein Leben lang dem Staat treu. Laut Akira Nakamura von der Universität Meiji sind 92 Prozent aller Gesetzesvorlagen ein Produkt der Zentralbürokratie und nicht der Politik.
Ihr Einfluss hat dazu beigetragen, dass in Japan die Meinung verbreitet ist, der Staat könne auch ganz gut ohne Politiker funktionieren. So haben die ständigen Regierungschefwechsel vor der Ära Abe niemanden wirklich Sorge bereitet.
Die Prüfung der Klasse 1
Jedes Jahr absolvieren rund 20’000 Studenten im letzten Studienjahr die schwierigste aller Prüfungen. Am Ende bestehen nicht einmal 10 Prozent den Staatsbeamtentest der Klasse 1. Dieses Jahr waren es laut 47 News 1918 Personen, die meisten von ihnen stammen von Elite-Institutionen des Landes wie die Universitäten Tokio, Waseda, Keio und Tohoku.
Die bestandene Prüfung ist jedoch längst keine Garant für einen Job in einem Ministerium. Sie bedeutet lediglich die Zulassung für Interviews in den verschiedenen Ministerien, die jeweils im Juni stattfinden. Am Ende wird es nicht einmal die Hälfte davon schaffen. Die Besten werden derweil vom Finanzministerium, Wirtschaftsministerium oder Kommunikationsministerium angestellt.
Eine Welt von Männern
Gewöhnlich sind die angehenden Staatsbeamten Menschen mit hohen Karriereambitionen und der Bereitschaft, sich im harten Konkurrenzkampf durchzusetzen. Sie müssen zudem eine grosse Flexibilität an den Tag legen. Ständige Stellenwechsel innerhalb des Ministeriums sind die Norm. Mit 40 gelangen sie allmählich an die wichtigen Posten im Staat.
Diese Welt der obersten Staatsdiener ist bis heute vornehmlich den Männern vorbehalten geblieben. Nur langsam deutet sich ein Wandel an. 2003 waren erst 14 Prozent der erfolgreichen Absolventen der Staatsbeamtenprüfung weiblich. In diesem Jahr waren es 20,8 Prozent (399 Frauen). Einzig 2012 gab es mit 22,8 Prozent noch mehr Frauen, welche die erste Hürde für den höchsten Staatsdienst geschafft hatten.
Die Jinjiin, die Nationale Personalbehörde, welche für den Test verantwortlich ist, betrachtet die neusten Zahlen als Erfolg. Gerade in den letzten Jahren haben man sich mit Werbeaktionen um mehr Frauen bemüht. Ausserdem trage Shinzo Abes Bemühen um eine bessere Integration der Frauen in die Arbeitswelt Früchte (Asienspiegel berichtete). Mit 20,8 Prozent bleibt jedoch noch viel Luft nach oben.
Der angeschlagene Ruf
Neben der tiefen Frauenquote kämpft die Nationale Personalbehörde auch mit der Tatsache, dass der Posten des obersten Staatsbeamten schon begehrter war. Bis Ende der 1980er-Jahre genossen die Bürokraten noch einen ehrfürchtigen Ruf. Sie waren die Architekten des japanischen Wirtschaftswunders.
Doch nach über zwanzig mageren Jahren zweifelt man an ihrer Kompetenz. Die Praxis der Staatsbeamten mit 55 zurückzutreten, um lukrative Posten in die Politik oder in die Privatwirtschaft zu ergattern, steht ebenfalls seit Jahren in der Kritik.
Und so kommt es, dass seit vier Jahren die Konkurrenzquote um einen Posten als Staatsbeamter im Sinken begriffen ist, wie die Nachrichtenagentur Jiji berichtet. Für die Besten des Landes gibt es inzwischen viele Alternativen.
Ohne Abonnenten kein Asienspiegel
Februar 2024 – Wenn Sie diesen Artikel gratis lesen, bezahlen andere dafür. Mit einem Abo sichern Sie die Zukunft dieses Japan-Blogs, der über 5000 kostenlos zugängliche Artikel bietet.
VORTEILE JAHRES-ABO
Jahres-Abonnenten stehe ich für Fragen zur Verfügung. Klicken Sie hier, um mehr darüber zu erfahren.
- Zahlungsmittel: Master, Visa, PayPal, Apple Pay, Google Pay
- Für TWINT bitte via Asienspiegel Shop bezahlen
- Für Banküberweisung hier klicken