Die Hippie-Insel vor Hongkong
Lamma – der Name deutet es bereits an – ist deutlich ruhiger als Central. Es gibt viel Grün und ausser ein paar kommunalen Fahrzeugen gibt es auch keine Autos. Es darf nicht höher als 3 Stockwerke gebaut werden, aber das ist auch nicht nötig, denn eine gute Aussicht hat man von überall. Es gibt dicht bewachsene Hügel mit Spazierwegen und es gibt Sandstrände. Lamma ist regelrecht eine Oase für Leute, die in der gedrängten Hektik Hongkongs ihr Brot verdienen müssen.
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Die Insel ist zwar klein, aber dennoch höchst kosmopolitisch. Nirgendwo sonst in Hongkong leben über fünfzig verschiedene Nationalitäten auf knapp 6000 Einwohner verteilt. Hier leben Künstler, Englischlehrer, Musiker, Barbesitzer, Entertainer, Manager, Hippies und viele Expats, die von international tätigen Firmen angestellt sind. Alle kennen sich und jeder hat schon mal mit jedem ein Bier getrunken, das erste meistens schon auf dem Nachhauseweg mit der Fähre, vorbei an gigantischen Frachtschiffen und einer Skyline, die zu den schönsten der Welt gehört.
Kulinarisch wird einem auf kleinstem Raum fast alles geboten. Von English-Breakfast über Pizza und Sushi bis zu vegetarisch und natürlich den traditionellen Seafood-Restaurants.
Chaotisch, verwahrlost
Auf Lamma lebt man entspannt und es sieht auch dementsprechend chaotisch, ja teilweise fast schon etwas verwahrlost aus. Auf der subtropischen Insel wimmelt es nur so von Moskitos und Schlangen. Es riecht nach faulem Wasser, Fisch, Frittieröl und feuchtem Hundefell. Die improvisiert wirkende Infrastruktur aus Beton scheint irgendwie Teil des Dschungels zu sein und steht trotzdem in krassem Kontrast zu ihm.
Und dann ist da noch der Betonkoloss der Insel: das Kohlekraftwerk mit seinen drei langen Kaminen, das Hongkong und Lamma mit Strom versorgt. Die Power Station ist so clever hinter einem Hügel versteckt, dass Besucher und Einwohner sie kaum bemerken. Das Kraftwerk ist vom kollektiven Radar der Inselbewohner verschwunden – ausser man befindet sich an der Power Station Beach.
Der Strand gehört den Locals und wird hauptsächlich dann für Parties genutzt, wenn nachts eine beleuchtete Power Station im Hintergrund der Stimmung Auftrieb verleiht.
Die Hunde von Lamma
Und überall erblickt man Hunde. Sie spielen eine besondere Rolle auf der Insel. Es gibt hier mehr davon als sonst irgendwo in Hongkong und ihre Anwesenheit auf der Insel ist fast schon symbolisch für die Präsenz der westliche Kultur. Denn während Hunde im Westen traditionell als beste Freunde und Familienmitglieder verehrt werden, werden sie in vielen Teilen Asiens eher wie grosse Ratten behandelt.
Die Hunde auf Lamma sind ein Schnittpunkt zwischen Ost und West und nicht selten ein leidenschaftlich diskutiertes Thema.
Besuch bei den Marsmenschen
An den Wochenenden Ströme Massen von Chinesen auf die Insel. Sie ist ein beliebtes Urlaubsziel, nicht zuletzt wegen der Fischrestaurants. Für die chinesischen Städter ist Lamma wie ein Flug zum Mars. Sie wirken mit ihren Sonnenschirmen und übergrossen Hüten etwas verloren, während sie den Weg zum Strand suchen.
Das Leben im Betondschungel scheint sie von der Natur entfremdet zu haben. Sie beäugen ehrfürchtig die Hippies mit ihren Hunden und kaufen in den alternativen Schmuck – und Kleiderläden ein. Am Abend kehren sie mit der Fähre zurück in die Hochleistungsgesellschaft. Der Konkurrenzkampf dort ist knallhart. Die Insel kümmert es nicht.
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