Eine gegenseitige Abneigung
Eine nicht verarbeitete Kriegsvergangenheit, ein anhaltender Streit um die kleinen Felseninseln Takeshima/Dokdo und zwei Regierungschefs, die sich partout nicht leiden und treffen wollen. Die politischen Beziehungen zwischen den Nachbarn Japan und Südkorea haben in den letzten Jahren gelitten. Seit der Rückkehr des japanischen Premierminister Shinzo Abe hat die diplomatische Stimmung gar einen neuen Tiefpunkt erreicht.
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Diese Missstimmung hinterlässt auch Spuren in der Bevölkerung, wie eine gemeinsame Umfrage der Denkfabriken Genron und East Asia Institute zeigt. Demnach haben 54,4 Prozent der befragten Japaner ein eher negatives Bild von Südkorea. Das ist im Vergleich zum vergangenen Jahr eine Steigerung um 17,1 Prozent. Auf der anderen Seite sieht es noch drastischer aus. So haben 70,9 Prozent der befragten Südkoreaner «kein gutes» oder «ein relativ schlechtes» Bild von Japan. Hier ist der Wert immerhin um 5,7 Prozentpunkte gesunken.
Die Geschichte als Hypothek
Die Japaner stört am meisten, dass die Südkoreaner unablässig die historischen (73,9%) und territorialen Streitigkeiten (41,9%) mit Japan zur Sprache bringen. Ein weiterer Kritikpunkt ist das Verhalten der politischen Führung (30%). Für die Südkoreaner liegt die Ursache in der fehlenden Selbstkritik Japans bezüglich der Besatzung Koreas (76,8%). Auch die anhaltende Auseinandersetzung um die Insel Dokdo/Takeshima beeinflusst den schlechten Ruf Japans in Südkorea (71,6%). Ausserdem haben die Südkoreaner mühe mit dem Verhalten der japanischen Regierung (22,9%). Gleich 75,9 Prozent haben «einen sehr schlechten Eindruck» von Premierminister Shinzo Abe.
Noch beunruhigender ist, dass 46,3 Prozent der befragten Südkorea Japan als die grössere militärische Bedrohung als China (39,6 Prozent) ansehen. Dabei sind die beiden demokratischen Länder, die beide seit Jahrzehnten eine Sicherheitsallianz mit den USA pflegen, theoretisch gesehen Verbündete. So bleibt auch für beide Länder die grösste gemeinsame Bedrohung Nordkorea. Dass China nach Japan nun aber an dritte Stelle gerutscht ist, muss als eine Folge der politischen Spannungen angesehen werden. Für die Japaner bleiben derweil Nordkorea (72,5%) und China (71,4%) die Länder mit dem grössten Bedrohungspotential. Südkorea liegt mit 15,1 Prozent noch hinter Russland mit 29 Prozent.
Es gibt Grund zur Hoffnung
Die Umfrage zeigt, dass das derzeitige Stimmungstief stark mit der politischen Verstimmung zusammenhängt. Denn eigentlich wäre das gegenseitige Interesse durchaus vorhanden. Gleich 60,9 Prozent der Südkoreaner möchten einmal nach Japan reisen. Bei den Japanern sind es immerhin noch 41,6 Prozent, die einmal das Nachbarland besuchen wollen. Ausserdem haben 59 Prozent der Japaner ein grosses Interesse an südkoreanischer Musik und Fernsehserien. Sogar über die Hälfte der Südkoreaner halten die Japaner im Grunde genommen für «freundlich und aufrichtig» und bewundern die hohe Lebensqualität in Japan.
Auch ist eine überwiegende Mehrheit in beiden Ländern der Meinung, dass ein Gipfeltreffen notwendig wäre (Japan: 72,1%; Südkorea: 86.6%), wobei für die Südkoreaner keine Eile angesagt ist. Das sind durchaus Anzeichen, die viel Raum für Verbesserung in den Beziehungen lassen. Nun müssten nur noch Shinzo Abe und Park Geun-hye mit gutem Beispiel vorangehen.
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