Im Land des Kabelwirrwarrs

Eine zeitgemässe Wiedergabe von Hokusais Fuji.
Eine zeit­ge­mäs­se Wie­der­ga­be von Hoku­sais Fuji. Bild: muden​chu​ka​.jp

Was wäre, wenn der gros­se japa­ni­sche Ukiyoe-Maler Hoku­sai sei­nen berühm­ten roten Fuji in der Mor­gen­rö­te nicht um 1831, son­dern im 21. Jahr­hun­dert gestal­tet hät­te? Er hät­te wohl eini­ge in der Luft hän­gen­den Strom­lei­tun­gen hin­zu­fü­gen müs­sen, wie eine pro­vo­ka­ti­ve Bild­mon­ta­ge auf der Web­site muden​chu​ka​.jp zeigt. Hin­ter dem Pro­jekt steht eine neu gegrün­de­te Grup­pe, die sich für «eine Zivil­ge­sell­schaft ohne Strom­mas­ten» einsetzt.

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Wer zum ers­ten Mal nach Japan reist, dem fällt das Kabel­wirr­warr im Stadt­bild auf. Denn in Japan wer­den die Strom- und Tele­fon­lei­tun­gen haupt­säch­lich über­ir­disch ver­legt. Kein ande­res indus­tria­li­sier­tes Land zählt mehr Strom­mas­ten, 35 Mil­lio­nen sind es inzwi­schen und jähr­lich wer­den es 70’000 mehr. Ledig­lich 15 Pro­zent der Strom­lei­tun­gen lie­gen in Japan unter der Erde. In Städ­ten wie Tokio (32%), Osa­ka (29%) oder Kyo­to (14%) lie­gen die Wer­te nur leicht darüber.

In Metro­po­len wie Lon­don, Paris oder Hong­kong sind der­weil alle Strom­lei­tun­gen unter­ir­disch ver­legt. In Ber­lin sind 99 Pro­zent, in Sin­ga­pur 86 Pro­zent und selbst in New York sind 83 Pro­zent der Kabel unter der Erde. In ande­ren asia­ti­schen Städ­ten wie Tai­peh oder Seo­ul wur­den in den letz­ten Jah­ren mas­si­ve Anstren­gung gegen den Kabel­sa­lat im Stadt­bild unternommen.

Tun­nels anstatt Röhren

Wenn in Japan unter­ir­disch ver­legt wird, dann wer­den die Lei­tun­gen durch grös­se­re Mehr­zweck­tun­nel gezo­gen. Eine der­ar­ti­ge Infra­struk­tur ist mit viel Auf­wand und Kos­ten ver­bun­den. Aus­ser­dem ist es in vie­le Stras­sen sehr eng, was die Ver­le­gung erschwert. Für die Strom­ge­sell­schaf­ten ist es unter die­sen Umstän­den ein­fa­cher, eine Bau­be­wil­li­gung für Mas­ten ein­zu­ho­len. In ande­ren Län­dern hin­ge­gen wird mit klei­nen Röh­ren gear­bei­tet, die nur weni­ge Meter unter der Stras­se ver­legt werden.

Das Kabel­wirr­warr in den Städ­ten sieht für Anwoh­ner und Tou­ris­ten nicht nur häss­lich aus, sie sind auch eine Sicher­heits­ge­fahr bei Natur­ka­ta­stro­phen. Tau­sen­de ein­ge­stürz­ter Strom­mas­ten wur­den nach dem Erd­be­ben in Kobe 1995 und dem Tsu­na­mi 2011 zu einer mas­si­ven Ver­kehrs­be­hin­de­rung für die Rettungskräfte.

Kei­ne schö­ne Aus­sicht für Touristen

Aus die­sen Grün­den arbei­tet die Regie­rungs­par­tei der Libe­ral­de­mo­kra­ten (LDP) laut der Nik­kei Shim­bun an einem Gesetz, wel­ches die Strom­mas­ten lang­fris­tig aus dem japa­ni­schen All­tags­bild besei­ti­gen soll. Bis 2015 will sie eine ent­spre­chen­de Geset­zes­vor­la­ge im Par­la­ment ein­brin­gen, so der Plan. Dem­nach soll in einem ers­ten Schritt der Bau von neu­en Strom­mas­ten unter­sagt werden.

Beson­ders in Tokio sol­len hin­sicht­lich der Som­mer­spie­le 2020 gera­de in der Umge­bung tou­ris­ti­scher Sehens­wür­dig­kei­ten und an zen­tra­len Orten die letz­ten Strom­mas­ten besei­tigt werden.

Die neu gegrün­de­te Orga­ni­sa­ti­on für «eine Zivil­ge­sell­schaft ohne Strom­mas­ten» hat sich der­weil auf die Fah­ne geschrie­ben, eine lan­des­wei­te Sen­si­bi­li­sie­rungs­kam­pa­gne zu füh­ren, um das Stras­sen­bild in allen japa­ni­schen Städ­ten zu ver­schö­nern. Und so bleibt die Hoff­nung, dass in Zukunft auch die Sicht auf den Fuji wie­der so wird, wie sie zu Zei­ten Hoku­sais war.

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