Im Paradies der Trinker
In Japan gehört der Alkoholkonsum zum guten Ton. Speziell das Feierabendbier mit Kollegen und Vorgesetzten ist fast schon ein Ritual. Im beschwipsten Zustand fällt den Japanern die Konversation leichter. Es ist das Schmiermittel für den Aufbau guter Beziehungen.
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Mit «Nomunication», ein Zusammenzug der Wörter «nomu» (trinken) und «communication» (Kommunikation), wird diese Art des lockeren Umgangs miteinander beschrieben. Die Trinkkultur beginnt bereits im Studentenalter, wo man in Nomikai (Trinkanlässen) gerne einen über den Durst trinkt. An billigen All you can drink-Angeboten in Restaurants und im Karaoke fehlt es nicht. Auch die Auswahl in den Minimärkten lässt keine Wünsche übrig.
Wer schliesslich zu viel getrunken hat in der Runde, der schläft einfach an Ort und Stelle ein. Salarymen, die betrunken auf der Strasse oder in der Bahn eingeschlafen sind, gehören zum abendlichen Bild der japanischen Grossstädte.
Moralisch akzeptabel
Eine Umfrage des Marktforschers PewResearch bestätigt diesen lockeren Umgang der Japaner mit Alkohol. So halten 66 Prozent der Befragten den Alkoholkonsum für «moralisch akzeptabel». Kein anderes Land zeigt sich so unverkrampft im Umgang mit Spirituosen. Nur 6 Prozent halten das Trinken für «moralisch inakzeptabel».
Auf Japan folgen die Tschechen, Deutschen, Briten. Doch keines dieser Bier trinkenden Länder kommt in die Nähe von Japan heran. Bei den Tschechen sind es 47 Prozent, den Deutschen 41 Prozent und den Briten 38 Prozent, die das Trinken als «moralisch akzeptabel» ansehen. Gleichzeitig ist festzuhalten, dass in diesen Ländern jeweils ein grosser Anteil Alkohol nicht als «moralische Frage» auffassen will, sich also weder befürwortend noch ablehnend dazu äussert.
Derweil dominieren muslimische Länder wie die Palästinensischen Gebiete, Pakistan, Indonesien oder Jordanien die andere Seite der PewResearch-Liste. Dort wird das Trinken von Spirituosen zu fast 90 Prozent als «moralisch inakzeptabel» betrachtet.
Alkoholintoleranz bei jedem Dritten
Für Japan hat der etwas allzu lockere Umgang mit Alkohol folgen für die Gesellschaft. Das Gesundheitsministerium geht von über 800’000 Alkoholabhängigen im Land aus. Die Dunkelziffer wird jedoch weit höher geschätzt. Die Kosten, die durch das Trinken entstehen, gehen in die Milliardenhöhe. Politisch wird jedoch kaum etwas gegen die Auswirkungen des Alkoholismus unternommen (Asienspiegel berichtete).
Hinzu kommt, dass viele Japaner Spirituosen eigentlich gar nicht vertragen. Rund 36 Prozent der Bevölkerung leidet unter einer Alkoholintoleranz (Asienspiegel berichtete). Bei ihnen sind die Alkohol abbauenden Enzyme schlichtweg inaktiv oder nicht in ausreichenden Mengen vorhanden. Gesichtsrötungen, Schwellungen, Übelkeit, Herzrasen oder ein sofortiger Rausch nach geringem Alkoholkonsum sind typische Symptome dieser Intoleranz. Diesen Menschen macht die trinkfreudige Gesellschaft am meisten zu schaffen.
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