Eine Szenerie wie 2011
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Am 20. August fiel in Hiroshima während drei Stunden so viel Regen wie gewöhnlich in einem Monat. Die Folge waren verheerende Schlammlawinen in den hügeligen Wohngebieten der Stadt. Unzählige Häuser wurden mitgerissen. Mindestens 71 Menschen sind bei dieser Tragödie gestorben, 11 Menschen werden noch vermisst.
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Es ist der 23. August, als ich im Bezirk Asaminami in Hiroshima ankomme. Der Ort, der rund 30 Minuten vom Stadtzentrum entfernt liegt, wurde besonders stark getroffen. Die Strassen sind durch mindestens 30 Zentimeter tiefen Schlamm bedeckt, der an den Schuhen hartnäckig kleben bleibt. Die Rettungskräfte kommen kaum vorwärts. Freiwillige haben derweil begonnen, den Dreck aus den Häusern zu schaufeln.
Durch die Sonneneinstrahlung ist aus dem Schlamm teilweise Sand geworden, der so stark durch die Gegend weht, dass wir gezwungen sind, eine Schutzmaske zu tragen. «Der Regen war so heftig und der Donner so laut. Wir konnten damals nichts hören. Erst als wir das Fenster öffneten, sahen wir die Schlammlawine», erinnert sich eine Anwohnerin. «Das hat es hier noch nie gegeben.»
Eine Leiche wird geborgen
Die meisten Häuser auf dem Hügel sind durch den Erdrutsch zerstört, auseinander gefallen oder eingesunken. Die Schlammlawine hat alles aus dem Weg geräumt. Die Häuser sind von Schlamm, Steinen und Bäumen bedeckt. Überall zerstreut liegen Familienalben, Bücher und Möbel. Die Suchaktion nach Vermissten ist 72 Stunden nach der Katastrophe zu einer Suche nach Toten geworden. Überlebende sind keine mehr zu finden.
Am späten Nachmittag finden die Feuerwehrleute eine Leiche. Als diese aus den Schlammmassen geborgen wird, werden die Arbeiten kurzzeitig angehalten. Still wird beobachtet, wie die Leiche weggetragen wird. Die Szenerie erinnert mich an Momente, wie ich sie nach dem Tsunami vom 11. März 2011 im Nordosten Japans erlebt habe.
Regen, Regen, Regen
Am Tag darauf kehre ich noch einmal zurück nach Asaminami. Durch den starken Regen in der Nacht mussten die Rettungskräfte ihre Arbeit einstellen. Um 10 Uhr wird die Suche schliesslich fortgesetzt. Eine Gruppe Einheimischer sucht das Gebiet nach persönlichen Objekten ab. Der ständige Regen erschwert die Arbeit.
Während des Tages hält der Regen an und wird am Nachmittag sogar noch stärker. Schwere Maschinen der Selbstverteidigungstruppen machen sich daran, den Schutt auf der Strasse wegzuräumen. Tiefer Schlamm, grosse Steine und Bäume stehen ihnen im Weg. Weil aber nicht klar ist, ob diese Gegend schon von Rettungskräften abgesucht wurde, können sie die Maschinen vorläufig nicht einsetzen.
«Noch nie so etwas erlebt»
Am selben Abend kehre ich nach Tokio zurück. Der Taxifahrer erklärt mir, dass es diesen August nur wenige Tage mit Sonnenschein und viel zu viele mit Regen gab. «Solch ein Wetter habe ich noch nie erlebt», sagt er zu mir. Am Flughafen erfahre ich den Fernsehnachrichten berichten, dass die Wetterbehörde wieder eine Erdrutschwarnung herausgegeben hat.
Am 27. August werden laut der Asahi Shimbun 71 Tote bestätigt. 11 werden noch immer vermisst. 1282 Personen sind gezwungen in ein einer Schule zu leben, die als Zufluchtsstätte dient. Noch immer gilt eine erhöhte Warnstufe für 60’000 Haushalte.
Masashi Kato hat Journalismus an der Universität Muskingum in Ohio, USA studiert. Er ist seit 2006 als Fotojournalist und Fernsehkameramann tätig. Kato hat unter anderem über die US-Präsidentschaftswahlen 2008, die Erdbeben- und Tsunami-Katastrophe 2011 in Japan sowie über die Unruhen in Ägypten 2013 berichtet. Zwischen 2010 und 2012 war er als Produktionsassistent und Kameramann für die Nachrichtenagentur Jiji tätig. Heute arbeitet er für ein japanisches Nachrichtenhaus.
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