Das Blind-Date-Restaurant
Eine besondere Eigenheit vieler japanischer Izakaya-Restaurants sind mit Trennwänden ausgestattete Abteile, welche eine Privatsphäre für die Kunden schaffen. Für die Gäste, die gewöhnlich in der Gruppe speisen, sind diese japanischen Kneipen der perfekte Ort, wo man keine Rücksicht auf den Nachbarn im Restaurant nehmen muss. Die Anonymität bleibt gewahrt.
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Das hat jedoch den Nachteil, dass spontane, ungezwungene Begegnungen und Gespräche mit dem fremden Tischnachbarn nicht stattfinden. Genau hier hat die Restaurantkette Aisekiya, was übersetzt «Am-selben-Tisch-sitzen-Lokal» bedeutet, eine Marktlücke entdeckt. Ihr Name ist Programm. Hier ist alles darauf ausgerichtet, dass Männer und Frauen sich kennenlernen.
Um dies zu ermöglichen, hat Aisekiya ein spezielles Anreizsystem erschaffen. Während die Männer 1500 Yen für ein 30-minütiges «All you can drink»-Angebot bezahlen, dürfen die Damen, die das Restaurant aufsuchen, gratis trinken und dies ganz ohne Zeitlimite. Die Angestellten schauen dabei, dass jeweils Frauen- und Männergruppen am selben Tisch sitzen und so eine ungezwungene und konsumfreudige Stimmung entsteht. Denn für das Essen wird ganz normal bezahlt.
Eine Anlehnung an die Gokon-Treffen
Für den Fall, dass man als Gast vergeblich auf Besuch am Tisch wartet – was durchaus vorkommt – müssen die Männer als Trost nur 500 Yen für das «All you can drink»-Angebot aufwenden. Für die Frauen bleibt der Vorteil, dass der Besuch gratis bleibt, solange sie sich nur mit Getränken zufrieden geben. Das Konzept ist ganz darauf ausgerichtet, dass Männer und Frauen jeweils in Gruppen von 2 bis 4 Personen erscheinen. Einzelgäste verirren sich kaum hierher, sind aber durchaus willkommen, wie das Restaurant auf seiner Website schreibt.
Offenbar scheint das Aisekiya auf Anklang zu stossen. Im März wurde der erste Ableger in Akabane in Tokio eröffnet. Inzwischen gibt es fünf davon. Zwei wurden erst gerade Anfang September eröffnet. Das Konzept ist den Japanern denn auch nicht ganz fremd. So gibt es schon lange das sogenannte Gokon, ein Kupeltreffen, wo eine gleiche Anzahl Männer und Frauen, die sich vorher nicht kannten, gemeinsam essen gehen und sich kennenlernen. Organisiert wird das Treffen jeweils von einem Mann und einer Frau in der Gruppe, die sich bereits vorher kannten. Im Aisekiya wird diese Aufgabe gleich vom Restaurant selbst übernommen.
Das Unternehmen, das die Kette führt, sorgt nicht zum ersten Mal mit einem ungewöhnlichen Konzept für Aufmerksamkeit. Mit der Izakaya-Kette Hanakao hat es bereits das japanisches Pendant zum amerikanischen Hooters erschaffen.
Kritik am Konzept
Die Kritik am Aisekiya-System bleibt nicht aus. TV-Persönlichkeit und Komödiant Koji Kato hält gar nichts von dieser Art des Kennenlernens. «Den Frauen geht es doch nur darum, gratis zu trinken», kritisierte Kato laut Livedoor News in seiner Fernsehshow Sukkiri. Am Ende müsse der Mann auch noch den Rest spendieren.
Tatsächlich sind die Gründe für einen Besuch im Aisekiya je nach Geschlecht unterschiedlich. So hat eine Umfrage ergeben, dass die männlichen Gäste in dieses Restaurant gehen, um «ihre Liebe zu finden» oder ganz einfach «um Spass beim Trinken zu haben». Bei den Frauen ist der am meisten genannte Grund: «Weil es günstig ist.»
«Das ist doch komisch. Es ist nicht ‹günstig›, es ist gratis für die Frauen. Das kann doch nicht sein!», meint Kato dazu. Man sei doch in einem Zeitalter der Gleichberechtigung, meint er weiter. Am besten wäre es doch, wenn die Frauen mindestens 300 Yen bezahlen würden. 0 Yen sei doch gerade etwas sehr risikolos.
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