Böse Unternehmen
Sie zwingen ihre Angestellten regelmässig zu Überstunden, lassen sie für einen Minimallohn schuften oder gewähren ihnen keine Freitage. Solche Unternehmen werden in Japan als «schwarze Firmen» – «burakku kigyō» – umschrieben. Das Ministerium für Arbeit nimmt an, dass im Land mindestens 4000 solcher Firmen existieren (Asienspiegel berichtete).
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Der Graubereich ist jedoch gross. So gehören Überstunden in Japans Arbeitswelt zum guten Ton. Kaum jemand wird sich darüber beklagen. Die gesetzlich erlaubten 40 Überstunden pro Woche werden da schnell mal übersehen. Die Loyalität zum Unternehmen steht über allem. Umso schwieriger ist es, die «schwarzen Firmen» auch ausfindig zu machen.
Ein gesellschaftliches Bewusstsein für dieses Problem hat sich zudem erst in den letzten Jahren entwickelt. So hat beispielsweise eine Gruppe von Anwälten, Professoren und Gewerkschaften den «Black Corporation Award» ins Leben gerufen, der die «schwarzen Firmen» öffentlich an den Pranger stellt. Auch das Arbeitsministerium hat versprochen, dieses Problem rigoroser anzupacken (Asienspiegel berichtete).
Jeder Dritte in einer schwarzen Firma
Denn es besteht grosser Handlungsbedarf, wie eine Umfrage des grössten japanischen Gewerkschaftsverbandes Rengo zeigt. Von den insgesamt 3000 befragten Personen, die zwischen 20 und 59 Jahre alt sind, geben 26 Prozent an, dass sie in einer «schwarzen Firma» arbeiten. Als Gründe nennen 52,5 Prozent der Betroffenen, dass sie regelmässig gezwungen werden, Überstunden zu leisten. Ein schlechter Lohn und die Tatsache, dass sie keinen bezahlten Urlaub erhalten, sind zwei weitere Erklärungen.
Bei den jungen Arbeitnehmern zwischen 20 und 30 Jahren ist die Lage noch akuter. Rund 32,7 Prozent dieser Alterskategorie geben an, dass sie in einer «schwarzen Firma» arbeiten. So sind in einer hierarchisch geordneten Unternehmensstrukturen, wie sie in Japan gewöhnlich anzutreffen sind, besonders die Neueinsteiger verwundbar und nicht selten dem sogenannten «Pawa-Hara», dem Mobbing von oben ausgesetzt.
Man droht ihnen die Freitage zu streichen, falls sie die Umsatzziele nicht erreichen. Oft müssen diese auch rechtswidrige Arbeitsverträge akzeptieren, in denen ein erheblicher Lohnanteil nur bei einer bestimmten Zahl an geleisteten Überstunden überwiesen wird. Rund 80 Prozent der Betroffenen kämpfen laut der Umfrage von Rengo mit gesundheitlichen Problemen.
Der Tod durch Überarbeitung
In extremen Fällen droht unter diesen Arbeitsbedingung der Tod durch Überarbeitung, Karoshi auf Japanischen genannt. Die japanischen Medien berichten regelmässig über Angestellte, die sich zu Tode geschuftet haben (Asienspiegel berichtete).
Die Restaurantkette Watami sorgte vor zwei Jahren für entsprechende Schlagzeilen, als eine 26-jährige Neueinsteigerin nach nur zwei Monaten Selbstmord verübte. Eine Untersuchung ergab, dass sie in einem Monat 140 Überstunden leisten musste. Watami kämpft bis heute mit dem Ruf, eine «schwarze Firma» zu sein.
Lieber nichts sagen
Interessanterweise unternimmt laut der Rengo-Umfrage niemand wirklich etwas gegen diesen untragbaren Zustand. Nur gerade mal 2 Prozent der Betroffenen wenden sich an den Arbeitgeber oder an die Gewerkschaft. Ein Drittel spricht das Thema in der Familie und im Freundeskreis an. Fast die Hälfte, rund 46,8 Prozent, konsultieren derweil gar niemanden.
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