Die Frage nach dem Tattoo

«Tragen Sie eine Tätowierung?» Diese Frage muss sich in Osaka jeder Stadtangestellte gefallen lassen. Den dazugehörigen Fragebogen hat Bürgermeister Toru Hashimoto, der für seine populistische Art landesweit bekannt ist (Asienspiegel berichtete), vor zwei Jahren eingeführt. Selbst den Ethik-Kodex für Beamte liess er dafür revidieren.
Es dürfe nicht sein, dass Beamte, die täglich im direkten Kontakt mit der Bevölkerung stünden, während ihrer Arbeit ihr Tattoo zur Schau stellen (Asienspiegel berichtete). Wer sich der neuen Regelung widersetzt, der muss mit Konsequenzen rechnen.
Erst letztes Jahr wurde einer Stadtangestellten des Bildungsdepartements für einen Monat der Lohn gekürzt, weil sie sich an Oberarm und Knöchel drei kleine Tätowierungen hatte stechen lassen (Asienspiegel berichtete).
Ein Angestellter zieht vor Gericht
Vor zwei Jahren liess man gleich 33’500 Stadtangestellte den Fragebogen ausfüllen. Die Umfrage ergab, dass 110 Personen eine Tätowierung trugen. Sechs jedoch weigerten sich, Auskunft zu geben. Dazu gehörte auch der heute 56-jährige städtische Busfahrer Tadasu Yasuda. Er liess seinen Vorgesetzten mündlich wissen, dass er kein Tattoo habe, aber auch nicht gewillt sei, den Fragebogen auszufüllen.
Dafür erhielt Yasuda eine Rüge. Anstatt nachzugeben, zog er vor Gericht, weil er das Vorgehen seines Arbeitgebers als nicht rechtens empfand. Weil Yasuda seine Klage auf Anraten seines Vorgesetzten nicht zurückziehen wollte, wurde er schliesslich zu einem Bürojob verdonnert.
Doch Yasudas Mut hat sich ausbezahlt. Das Gericht hat seiner Klage recht gegeben, wie NHK News berichtet. Die Verordnung Hashimotos, die Angestellten nach Tätowierungen zu fragen, sei ein Eingriff in die Privatsphäre und damit illegal. Die Stadt Osaka muss dem Mann 1,1 Million Yen (7500 Euro) Entschädigung bezahlen und ihm seine Arbeit als Busfahrer zurückgeben.
Vom Yakuza- zum Modephänomen
In Japan wird ein Tattoo traditionell mit der japanischen Mafia, der Yakuza, in Verbindung gebracht. Gleich auf dem ganzen Körper tragen diese ihre Tätowierungen. Gerade in der Region Kansai mit den Städten Osaka und Kobe ist die Sensibilisierung besonders gross. Denn hier sind die zwei grössten Yakuza-Gruppierungen des Landes, die Yamaguchi-gumi und die Sumiyoshi-kai, ansässig.
Entsprechend verpönt ist das Tragen einer solchen Körperbemalung in der japanischen Gesellschaft. Wer dennoch eine trägt, dem ist der Eintritt in öffentliche Anlagen wie Saunas untersagt (Asienspiegel berichtete).
Doch seit die Modewelt die Tattoos vor ein paar Jahren für sich entdeckt hat, sind auch viele jungen Japaner auf diesen Trend aufgesprungen, Yakuza hin oder her (Asienspiegel berichtete).
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