«Weshalb heiratest du nicht?»
Mit «Sekuhara», ein Zusammenzug des englischen Begriffs «Sexual Harrassment», wird in Japan die sexuelle Belästigung beschrieben. In den allermeisten Fällen ist der Arbeitsplatz der Tatort dieser Form der Diskriminierung, die das Gesetz über «die Chancengleichheit bei der Anstellung von Männern und Frauen» seit Jahren ausdrücklich verbietet.
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Seit 1999 ist der Arbeitgeber in Japan sogar rechtlich dazu verpflichtet, sich aktiv um eine Arbeitsumgebung zu bemühen, die frei von sexueller Belästigung ist. Viele Unternehmen nehmen dieses Problem ernst, auch wenn die Beweisfindung nicht immer einfach ist. Laut dem Büro für Gleichberechtigte Berufschancen gibt es jedes Jahr mehrere tausend Beanstandungen. 2012 waren es beispielsweise 9981.
«Weshalb heiratet ihr nicht?»
Ein Fall von verbaler Belästigung unter Angstellten des Aquariums von Osaka (Kaiyukan) hat nun sogar das Oberste Gericht beschäftigt. Zwei männliche, über 40-jährige Vorgesetzte hatten zwei Mitarbeiterinnen zwischen 20 und 30 Jahren regelmässig mit sexistischen Sprüchen wie «Was macht ihr hier noch hier? Weshalb heiratet ihr nicht? Eure Eltern werden enttäuscht sein», «Ich habe keinen Sex mehr mit meiner Frau» oder «Mein sexuelles Verlangen steigt von Jahr zu Jahr» belästigt, wie NHK News berichtet.
Die Geschäftsleitung, die von den Fällen vernahm, suspendierte die Mitarbeiter für mehrere Wochen. Zudem mussten sie eine Degradierung hinnehmen. Die Männer wollten diese interne Bestrafung nicht hinnehmen und reichten daraufhin Klage ein. Man sei ohne weitere Ankündigung oder Warnung bestraft worden, beklagten sie. Ausserdem hätten die Frauen sich nie ausreichend gegen die Bemerkungen gewehrt, was zu Missverständnissen geführt habe.
Bis zum Obersten Gericht
Es begann ein Rechtsfall durch drei Instanzen. Das Bezirksgericht von Osaka stützte das Vorgehen der Firma. Die Massnahmen gegen die Angestellten seien richtig. Das höchste Gericht von Osaka machte dieses Urteil wiederum rückgängig. Es gäbe tatsächlich Zweifel, ob die Firma die Männer angemessen informiert habe. Ausserdem sei die Strafe zu hart, hiess es.
Der Fall gelangte schliesslich zum Obersten Gericht, das der ersten Instanz recht gab, wie die Yomiuri Shimbun berichtete. Die sexuelle Belästigung sei regelmässig in einem Umfeld vorgefallen, wo keine Drittpersonen anwesend gewesen seien. Ausserdem seien die Frauen über ein Jahr lang belästigt worden. Die sexuelle Belästigung sei «in extremer Weise unangebracht» gewesen und in diesem Sinne sei die firmeninterne Strafe gegen die Männer angemessen.
Die Bestraften beharrten auch nach dem endgültigen Urteil auf ihrem Standpunkt.
Zahlreiche öffentliche Fälle
Es ist äusserst selten in Japan, dass der Oberste Gerichtshof mit Fällen der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz beschäftigt. Sehr oft einigt man sich in den ersten Instanzen oder sogar aussergerichtlich. Immerhin wurde das Thema Sekuhara in den letzten Jahren enttabuisiert. Auch die Stadt Osaka hat als Arbeitgeberin schon selbst durchgegriffen (Asienspiegel berichtete).
Dass es aber noch ein weiter Weg bleibt, zeigte im vergangenen Jahr der Fall der Abgeordneten Ayaka Shiomura, deren Rede im Tokioter Stadtparlament durch sexistische Zwischenrufe von männlichen Abgeordneten gestört wurde. Der Vorfall löste in der japanischen Gesellschaft eine Welle der Empörung aus. (Asienspiegel berichtete).
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