Gegen das Vergessen

Die Anti-AKW-Demo am 8. März 2015 vor dem Parlament in Tokio.
Die Anti-AKW-Demo am 8. März 2015 vor dem Par­la­ment in Tokio. Foto: Masa­shi Kato

Am 8. März haben sich tau­sen­de Men­schen vor dem Par­la­ments­ge­bäu­de in Tokio ver­sam­melt, um gegen die Atom­po­li­tik der Regie­rung zu pro­tes­tie­ren. Der Zeit­punkt wur­de bewusst eini­ge Tage vor dem heu­ti­gen, vier­ten Jah­res­tag der Erd­be­ben-, Tsu­na­mi- und AKW-Kata­stro­phe am 11. März 2011 gewählt.

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«Ich neh­me seit vier Jah­ren an die­sen Anti-AKW-Pro­test­kund­ge­bun­gen teil», erklär­te die 78-jäh­ri­ge Set­s­uko Suha­ra. «Die Men­schen in Japan möch­ten in Frie­den leben, ohne stän­dig einer Gefahr aus­ge­setzt zu sein. Wie wir nun alle wis­sen, ber­gen die Atom­kraft­wer­ke Probleme.»

Noch sind alle 48 Reak­to­ren im Land tem­po­rär aus­ge­schal­tet. Für vier Reak­to­ren in den zwei AKW Sen­dai und Taka­ha­ma hat die Nuklea­re Regu­lie­rungs­be­hör­de (NRA) ihr grund­sätz­li­ches OK fürs Wie­der­hoch­fah­ren gege­ben. Bis jedoch der ers­te Reak­tor wie­der ans Netz geht, wer­den noch eini­ge Mona­te ver­ge­hen (Asi­en­spie­gel berich­te­te).

«Abe drängt auf den Neustart»

Ein Kri­tik­punkt der Demons­tran­ten ist, dass Pre­mier­mi­nis­ter Shin­zo Abe auf den Neu­start der Kern­kraft­wer­ke drängt, ohne das Pro­blem des nuklea­ren Abfalls bis­lang gelöst zu haben. Wie in vie­len Indus­trie­na­tio­nen fehlt es Japan noch immer an einem defi­ni­ti­ven Stand­ort für ein Atom­müll­end­la­ger (Asi­en­spie­gel berich­te­te).

«Wir wer­den nicht zulas­sen, dass Pre­mier Abe ohne eine Lösung für den Atom­müll die Reak­to­ren wie­der hoch­fah­ren lässt», sag­te Mizu­ho Fuku­shi­ma, die Abge­ord­ne­te und stell­ver­tre­ten­de Vor­sit­zen­de der Sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Par­tei, wäh­rend der Kund­ge­bung. «Abe drängt auf den Neu­start. Ich sage, hören Sie auf damit.»

Eine Gene­ra­ti­on fehlt

Vier Jah­re nach dem Unfall befürch­ten vie­le Teil­neh­mer, dass die Anti-AKW-Bewe­gung, die nach dem 11. März 2011 ins Leben geru­fen wur­de und zeit­wei­se Zehn­tau­sen­de auf die Stras­sen lock­te, ihren Zenit über­schrit­ten hat. «Frü­her kamen viel mehr Men­schen, auch vie­le Jun­ge. Heu­te sind die meis­ten Demons­tran­ten Pen­sio­nä­re», äus­sert sich der 65-jäh­ri­ge Herr Yoshi­da besorgt. Sei­ne Gene­ra­ti­on hat die inten­si­ven Stu­den­ten­pro­tes­te der 1960er mit­er­lebt. Vie­len jün­ge­ren Men­schen in Japan ist die­se akti­ve Pro­test­kul­tur auch nach 2011 fremd geblieben.

Laut dem Fern­seh­sen­der NHK hat die Zahl der Teil­neh­mer die­ser Pro­test­kund­ge­bung, die jeweils kurz vor dem 11. März statt­fin­det, mit jedem Jahr um 10’000 abge­nom­men. Die­ses Mal waren es noch rund 23’000. «Wenn unse­re Gene­ra­ti­on stirbt, kann die Regie­rung wohl machen, was sie will», befürch­tet Herr Yoshi­da mit Blick auf die­se Entwicklung.

Die Uner­schüt­ter­li­chen

Herr Yoshi­da ist Teil einer Grup­pe, die nach dem AKW-Unfall 2011 vor dem Minis­te­ri­um für Indus­trie und Wirt­schaft in Tokio ihre Zel­te auf­ge­schla­gen hat. Hier pro­tes­tiert sie seit­her gegen die japa­ni­sche Atom­ener­gie­po­li­tik. Aus­ser­dem for­dert die Grup­pe eine gericht­li­che Unter­su­chung, die abklärt, wer für den Unfall zur Rechen­schaft gezo­gen wird.

Ihre Zie­le haben die Akti­vis­ten bis­lang nicht erreicht. Statt­des­sen wur­de die Grup­pe ver­klagt. Das Gericht in Tokio hat sie inzwi­schen auf­ge­for­dert, die Zel­te abzu­bre­chen. Aus­ser­dem muss sie dem Staat eine Ent­schä­di­gung von rund 10 Mil­lio­nen Yen für die Nut­zung der Par­zel­le bezahlen.

Seit­her wür­den sie von rechts­ge­rich­te­ten Akti­vis­ten offen atta­ckiert, sagt Yoshi­da und meint: «Es ist nicht gut für ein Land, wenn man der Regie­rung kei­ne Fra­gen mehr stel­len darf.»

«Der Dorn im Auge»

Das Erd­be­ben und der dar­auf­fol­gen­de Tsu­na­mi am 11. März 2011 haben über 18’000 Men­schen das Leben gekos­tet. Der Kata­stro­phe im AKW Fuku­shi­ma 1 hat mehr als 100’000 Men­schen ent­wur­zelt. Die Wun­den die­ses Unfalls sind bis heu­te nicht geheilt. Die Lage im hava­rier­ten AKW ist bis heu­te nicht gelöst.

Für Yoshi­da-san gibt es nur schon des­we­gen kei­nen Grund nach­zu­ge­ben. Auch wenn die Poli­zei mit Gewalt ihre Zel­te weg­räu­men soll­ten, wür­den sie blei­ben und kämp­fen, meint er ent­schlos­sen. «Wir sind Abe ein Dorn im Auge. Er möch­te, dass wir ver­schwin­den, so als hät­te es uns und den AKW-Unfall in Fuku­shi­ma nie gegeben.»

Die Anti-AKW-Demo am 8. März 2015 vor dem Parlament in Tokio.
Die Anti-AKW-Demo am 8. März 2015 vor dem Par­la­ment in Tokio. Foto: Masa­shi Kato
Die Anti-AKW-Demo am 8. März 2015 vor dem Parlament in Tokio.
Die Anti-AKW-Demo am 8. März 2015 vor dem Par­la­ment in Tokio. Foto: Masa­shi Kato
Die Anti-AKW-Demo am 8. März 2015 vor dem Parlament in Tokio.
Die Anti-AKW-Demo am 8. März 2015 vor dem Par­la­ment in Tokio. Foto: Masa­shi Kato
«Auf Wiedersehen, AKW.»
«Auf Wie­der­se­hen, AKW.» Foto: Masa­shi Kato
Das Anti-AKW-Zelt vor dem Wirtschaftsministerium.
Das Anti-AKW-Zelt vor dem Wirt­schafts­mi­nis­te­ri­um. Foto: Masa­shi Kato
Seit 2011 halten sie hier die Stellung. Ein Gericht hat jedoch den Abbruch der Zelte angeordnet.
Seit 2011 hal­ten sie hier die Stel­lung. Ein Gericht hat jedoch den Abbruch der Zel­te ange­ord­net. Foto: Masa­shi Kato
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