Der Otaku-Politiker
Der 29-jährige Minoru Ogino ist Lokalpolitiker und ein bekennender «Otaku». Das Wort umschreibt in Japan Personen, die sich mit aller Energie einer bestimmten Leidenschaft hingeben. Ihre Faszination gilt zumeist der Welt der Anime, Manga und Games. Auf Englisch würde man sie als «Geeks» bezeichnen.
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Ihr Kapitale ist die Elektronikmeile Akihabara in Tokio. Die zwei Mal jährlich im Tokioter Stadtteil Odaiba stattfindende Comiket – die weltweit grösste Messe für Mangas, die im Eigenverlag herausgegeben werden – gehört zu ihren fixen Treffpunkten.
Die Otaku-Kultur ist schon längst zu einem globalen Phänomen herangewachsen. Doch bislang wagte kaum jemand mit dem Otaku-Label seriös Politik zu betreiben. Ogino hatte es gemacht und bewiesen, dass sich mit Anime und Manga erfolgreich Wahlkampf betreiben lässt. Erst letzte Woche wurde er als Abgeordneter für die Partei Ishin no tō (Japan Innovation Party) ins Lokalparlament des Tokioter Bezirks Ōta – die drittgrösste politische Gemeinde der japanischen Hauptstadt – gewählt.
Der Manga-Wahlkampf
Den Ort hat Ogino kaum zufällig ausgewählt. So heisst der Bezirk Ōta auf Japanisch «Ota-ku». Perfekt also, um eine Otaku-Politkarriere zu starten. Der leidenschaftliche Comiket-Teilnehmer führte auf den ersten Blick eine ganz gewöhnliche Kampagne. So trug er Anzug und machte sich an jeder Strassenecke mit Hilfe von Lautsprechern bemerkbar.
Doch zusätzlich verstand es Ogino, die Stärke der Manga-Kultur zu nutzen. Der 29-Jährige verteilte Flyer und druckte Poster, die ihn als unverkennbaren Manga-Charakter wiedergaben.
Seine Wahlversprechen schrieb er nicht als langweilige Texte nieder, sondern verfasste diese als kurze Manga-Lektüre, in der Hoffnung die jüngeren Wählern anzusprechen. Für einmal machten selbst die Kinder bei einem Wahlmobil halt, wie ein Tweet zeigt.
In seinem Manga-Pamphlet griff er Themen wie die mangelnden Kindertagesstätten, der Respekt von gesellschaftlichen Minderheiten oder die Förderung des Tourismus und der Cool-Japan-Kultur auf.
Die farbenfrohe Kampagne trug Früchte. Mit 3656 Stimmen wurde er ins Lokalparlament gewählt. Ogino ist Ota-kus erster bekennender Otaku-Abgeordneter. Das Zertifikat für die erfolgreiche Wahl präsentierte Ogino gleich auf Twitter.
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