Kunst oder Pornografie?

In der Edo-Zeit (1603 bis 1868) nannte man sie «Kopfkissen-Bilder» (makura-e) oder «Bilder zum Lachen» (warai-e). Die Rede ist von japanischen Ukyio-e-Farbholzschnitten, die sexuelle Handlungen und Fantasien wiedergaben, in Form von Einzelbildern, Bilderbüchern oder Handrollen. Der Handel mit den Bildern wurden, wenn auch ab 1720 offiziell verboten, von der Regierung geduldet.
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Das Geschäft mit den erotischen Bildern, deren Markenzeichen übergross dargestellte Genitalien sind, blühte. Praktisch jeder grosse Ukiyoe-Künstler nahm sich diesem klassenübergreifenden Genre an, mit dem sich gutes Geld verdienen liess.
Die Makura-e zelebrierten die Freuden des sexuellen Lebens und erlauben dem Betrachter der Gegenwart einen lebendigen Einblick in die Privatsphäre, Struktur und Fantasien der damaligen Gesellschaft. Nicht selten handelt es sich um zärtliche und humorvolle Werke.
Der Einfluss des Westens
Erst mit dem Beginn der Meiji-Zeit (1868 bis 1912), als sich Japan den Westen zuwandte und sich in wenigen Jahrzehnten modernisierte, kamen die «Kopfkissen-Bilder», die man nun «Shunga» (wortwörtlich «Frühlings»-Bilder) nannte, in Verruf. Gleichzeitig wurde die aufkommende Fotografie zu einer ernsthaften Konkurrenz.
Gegen Ende der Meiji-Zeit wurde Produktion und Vertrieb von «Shunga» endgültig verboten. Bis heute untersagt der 1907 formulierte Artikel 175 des japanischen Strafgesetzbuches den Vertrieb von «Obszönitäten».
Genitalien und Schamhaare werden als Folge dessen in japanischen Erotikfilmen konsequent mit einem Mosaikmuster verpixelt. Die Mangabranche zeigt sich derweil besonders kreativ, wenn es darum geht, sexuelle Inhalte «gesetzeskonform» wiederzugeben. Die Grauzone ist entsprechend gross, die Anwendung des Gesetzes ist oft widersprüchlich und zufällig. Doch stets droht der Eingriff durch den Staat.
Ein Tabu-Thema
Shunga ist in Japan ein Tabu geblieben. Viele sehen darin mehr Pornografie als Kunst. Doch allmählich ändert sich auch diese Ansicht. In den 90er-Jahren kam in Japan erstmals eine unzensierte Shunga-Publikation ganz legal in den Handel.
Trotzdem sind die Vorbehalte geblieben. Als es kürzich darum ging, die erfolgreiche Shunga-Ausstellung «Sex and Pleasure in Japanese Art» des British Museum in London nach Japan zu bringen, wiesen gleich zehn Institutionen in Tokio eine Anfrage zurück. Erst das Eisei-Bunko-Museum sagte schliesslich zu, wie die Sankei Shimbun berichtet.
Und so erhält nun Japan seine erste grosse Shunga-Ausstellung überhaupt. Vom 19. September bis 23. Dezember werden rund 70 Bilder ausgestellt. Darunter werden Werke von so herausragenden Künstlern wie Hokusai, Utamaro, Kiyonaga oder Kunisada gezeigt.
Doch auch im Eisei-Bunko-Museum wird es noch eine Einschränkung geben. Die Ausstellung wird nur für Personen über 18 Jahre zugänglich sein. In London war man diesbezüglich lockerer. Dort wurde grundsätzlich jedem der Zugang gewährt. Für die unter 16-Jährigen gab es lediglich die Auflage, in Begleitung eines Erwachsenen zu sein.
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