Das Ende des rotierenden Sushis
1958 eröffnete Yoshiaki Shiraishi mit dem Genroku Sushi das erste Förderband-Sushi-Restaurant der Welt. Das Konzept des Kaiten-Sushi («Rotations-Sushi»), eine endlose Auswahl an Sushis auf einem rotierenden Förderband, war geboren. Diese Erfindung veränderte alles. Das einst teure Sushi wurde mit dieser Form der Massenabfertigung plötzlich zur erschwinglichen Ware. Es vergingen mehr als zehn Jahre bis Shiraishis Konzept an der Weltausstellung in Osaka 1970 erstmals die grosse Anerkennung bekam.
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Dieses Ereignis wurde zum Startschuss für die Verbreitung des Kaiten-Sushi in Japan. Viele der heute rund 11 überregional operierende Restaurantketten eröffneten ihren ersten Ableger in jenem Jahrzehnt. Irgendwann sank der Preis auf bis zu 100 Yen für einen Teller mit zwei Sushis und auch der Rest der Welt fand Gefallen am Fliessbandessen.
Eine weiteres Merkmal des Kaiten-Sushi ist seine ständige Weiterentwicklung. Stets hat sich dieses Restaurantkonzept dem Zeitgeist und den neuen technischen Entwicklungen angepasst. In den letzten 15 Jahren hat sich die Branche grundlegend verändert. Die Kaiten-Sushiketten haben sich besonders in den Vororten als familienfreundliche Restaurants etabliert (Asienspiegel berichtete).
Das Familienrestaurant
Anstatt einfache Tresen findet man heutzutage grosse Tische für die ganze Familie direkt am Förderband vor. Das Angebot beschränkt sich derweil nicht mehr nur auf Fisch. Auch Pommes-Frites, Ramen oder Curry werden im Sushi-Laden serviert.
Und nun erlebt die Branche eine weitere grundlegende Veränderung. Die Zeiten der endlos rotierenden Sushi neigen sich dem Ende zu. Heute ist das «Mawaranai Sushi», «Sushi, das sich nicht im Kreis dreht», angesagt. Anstatt die Sushis im Kreis drehen zu lassen, werden Bestellungen übers Tablet entgegengenommen und wenige Minuten später über das Fliessband direkt dem Kunden «geliefert».
Bislang war es üblich, zweispurig vorzugehen. Während auf dem unteren Fliessband unablässig eine zufällige Auswahl an Sushis vorbeifahren, werden auf der zweiten Fliessbandetage die individuellen Bestellungen frisch zum Gast befördert. In Japan hat dies zur Folge, dass 80 Prozent der Kunden die vorbeifahrenden Sushis inzwischen ignorieren.
«Mawaranai Sushi»
Die Restaurantkette Uobei vom Gastrounternehmen Genki Sushi hat diese Erkenntnis zum Anlass genommen, das Sushi-Rotationsprinzip, so wie es in 1958 eingeführt wurde, komplett zu beseitigen (Asienspiegel berichtete).
Anstatt auf unendliche viele Sushi-Sorten auf einem sich im Kreis drehenden Förderband, trifft man im Uobei auf ein dreistöckiges schnurgerades Schienensystem. Über einen Touchscreen bestellt man seine Sushis. Nur wenige Minuten später werden diese über die Schienen elegant zum Kunden befördert. «Flying Sushi» nennen die Touristen das Uobei.
Das Konzept hat für den Betreiber gleich mehrere Vorteile: Im Gegensatz zu den gewöhnlichen Förderband-Restaurants gibt es hier keine Sushi-Portionen, die während Stunden im Kreis herumfahren, nie gegessen werden und schliesslich entsorgt werden müssen. Damit werden viel Kosten gespart und die Speisen können so zu einem noch billigeren Preis verkauft werden.
Die Branche zieht nach
Betreiber Genki Sushi ist damit derart erfolgreich, dass er in bereits in über 30 seiner 130 Sushi-Restaurants auf dieses neuartige Konzept setzt. In den nächsten Jahren soll das klassische Konzept komplett verschwinden.
Und auch Kaiten-Sushi-Gigant Kappazushi mit 340 Ablegern geht nun einen ähnlichen Weg, wie die Sankei Shimbun berichtet. Mit Sushi-Nova hat das Unternehmen eine neue, urbane Restaurantkette eröffnet, bei der nur auf Bestellung das Sushi mit Hilfe eines Förderbands zum Kunden gebracht wird. Ausserdem bietet die Kette auch Speisen wie Roastbeef oder Spargeln an. Eine ähnliche Entwicklung findet laut Sankei Shimbun auch bei weiteren grossen Kaiten-Ketten in den Vororten statt.
Und so schreitet das Kaiten-Konzept dank der Digitalisierung in ein neues Zeitalter. Das Förderband wird dabei nicht verschwinden. Nur die darauf beförderte, endlose Auswahl an Sushis wird man künftig vergeblich suchen. Stattdessen findet man diese auf dem Touchscreen.
Ein Kurzfilm mit einem Besuch im Uobei-Sushi:
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