Japan sucht Soldaten
Japan hat keine Armee, sondern sogenannte Selbstverteidigungsstreitkräfte (SDF). Der Verfassungsartikel 9 besagt, dass Japan auf Krieg als Mittel zur Beilegung internationaler Streitigkeiten verzichtet und deswegen auch keine Armee unterhalten darf.
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In den 50er-Jahren legte die Regierung diesen Artikel jedoch so aus, dass man bewaffnete Streitkräfte zur Selbstverteidigung des Landes durchaus unterhalten dürfe. Und so besitzt Japan heute die SDF, die faktisch eine Armee ist und mit einem Budget von fast 50 Milliarden US-Dollar die siebtteuerste der Welt ist.
Eine der wenigen Auflagen ist, dass die SDF keine offensiven Kriegssysteme besitzen darf. Auf Flugzeugträger oder Langstreckenraketen wird verzichtet, auch wenn diese Einschränkung heute ebenfalls grosszügig interpretiert wird (Asienspiegel berichtete).
Rekrutierung in der Toilette
Ausserdem ist die SDF eine professionelle Armee. Japan kennt seit Ende des Zweiten Weltkrieges keine Wehrpflicht. Entsprechend muss die SDF-Führung ihr Personal, genau wie in den USA, mit aufwendigen Werbemitteln finden und rekrutieren. Dafür greift sie auf Kooperationen zurück, die immer wieder für Aufsehen sorgen und nicht von allen goutiert werden.
In der Präfektur Shiga verteilte das lokale SDF-Büro an sechs Mittelschulen in der Stadt Takashima Toiletten-Papier, das mit einem süssen Maskottchen und allen notwendigen Kontaktinformationen beschriftet war. Eine Schule verwendeten dieses Geschenk für die Schülertoilette, wie die Mainichi Shimbun berichtet.
Einem Schüler kam dies suspekt vor. Er zeigte es seinen Eltern, die wiederum ein Foto auf Facebook publizierten und damit eine grosse Diskussion im Netz auslösten. Die Kritik war gross. Von einer Propaganda am falschen Ort und einer Gehirnwäsche war die Rede. Die Schulbehörde der Stadt reagierte und bat die Schule, das Toilettenpapier zu entfernen. Schliesslich zog die SDF die Aktion wieder freiwillig zurück.
Popstars und Manga
Es ist nicht das erste Mal, dass die SDF mit ihren Werbemethoden für Aufsehen sorgt. Letztes Jahr verpflichtete sie Haruka Shimazaki von der Girlband AKB48, für einen Werbespot, der die humanitäre Rolle der japanischen Streitkräfte betonte.
Der Werbespot wurde ausgerechnet nach Abes Neuinterpretation der Verfassung, die eine kollektive Selbstverteidigung und somit Kriegseinsätze der Truppen in Übersee theoretisch erlaubt (Asienspiegel berichtete), ausgestrahlt. Er sei zu beschönigend und verweise nicht auf die Tatsache, dass man als Soldat neu auch in kriegerische Handlungen verwickelt werden könnte, lautete der Vorwurf.
Bei ihrer Werbearbeit greift die SDF nicht nur auf Popstars, sondern auch auf die Welt der Anime und Manga zurück. Zusammen mit Gate, einer Light-Novel, Anime- und Manga-Serie, in deren Geschichte das japanische Militär im Zentrum steht, hat die SDF ein Rekrutierungsplakat ganz im Manga-Stil herausgegeben.
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