Japan und das Nanking-Massaker

Ein Streit um die Zahlen: Eine Inschrift beim Gedenkort, der an das Massaker von Nanking erinnert.
Ein Streit um die Zah­len: Eine Inschrift beim Gedenk­ort, der an das Mas­sa­ker von Nan­king erin­nert. Foto: flickr/​Jim Bowen

Die UNESCO führt eine Lis­te von his­to­ri­schen Doku­men­ten mit beson­de­rem Wert für das Gedächt­nis der Welt­ge­mein­schaft. «Inter­na­tio­nal Memo­ry of the World Regis­ter» heisst das Pro­gramm oder auf Deutsch Welt­do­ku­men­ten­er­be. Jedes Jahr wer­den neue, wich­ti­ge Bei­trä­ge hin­zu­ge­fügt. Neu gehö­ren auch die Doku­men­te zum Nan­king-Mas­sa­ker von 1937 zum Weltdokumentenerbe.

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Es han­delt sich um Quel­len, die von den Kriegs­ver­bre­chen der japa­ni­schen Armee zeu­gen und schliess­lich auch um wich­ti­ge Unter­la­gen, die für das chi­ne­si­sche Mili­tär­tri­bu­nal (1945 bis 1947), die Tokio­ter Pro­zes­se 1948 und die Jus­tiz der Volks­re­pu­blik Chi­na in den 50er-Jah­ren gesam­melt wur­den. Ein­ge­reicht hat die Doku­men­te die chi­ne­si­sche Regie­rung. Genau die­se Tat­sa­che passt Tokio gar nicht.

Der japa­ni­sche Chef­ka­bi­netts­se­kre­tär Yoshihi­de Suga kri­ti­sier­te den Ent­scheid der UNESCO scharf, wie die Mai­ni­chi Shim­bun berich­tet. Die Doku­men­te sei­en ein­sei­tig ein­ge­reicht und nicht von Exper­ten veri­fi­ziert wor­den, sag­te er, beton­te aber auch, dass man die Details noch nicht genau ein­se­hen konn­te. Zugleich sag­te er, dass Japan nun prü­fe, die finan­zi­el­len Bei­trä­ge für die UNESCO teil­wei­se oder gar kom­plett zu strei­chen. Man sei besorgt dar­über, wie die UNESCO das Welt­do­ku­men­ten­er­be füh­re. Suga for­der­te mehr Trans­pa­renz, damit die Orga­ni­sa­ti­on nicht zu poli­ti­schen Zwe­cken miss­braucht werde.

Streit um die Fakten

Die bei­den Län­der strei­ten sich seit Jah­ren um die his­to­ri­sche Fak­ten im Zwei­ten Welt­krieg. Beson­ders das Nan­king-Mas­sa­ker belas­tet die Bezie­hun­gen schwer. Nach der Besat­zung der Stadt Nan­jing (Nan­king ist die älte­re deut­sche Schreib­wei­se, Anm. d. Red) im Dezem­ber 1937 ver­üb­te die japa­ni­sche Armee Mas­sen­hin­rich­tun­gen und Plün­de­run­gen. Die chi­ne­si­sche Sei­te spricht heu­te von 300’000 Men­schen, die damals umkamen.

Die japa­ni­sche Sei­te wie­der­um strei­tet das Kriegs­ver­bre­chen grund­sätz­lich nicht ab, spricht aber von weni­ger Toten. Auch Yoshihi­de Suga sag­te, dass man die Plün­de­run­gen und Tötun­gen nicht abstrei­te, es aber unter­schied­li­che Mei­nun­gen bezüg­lich der Zahl der Toten gebe. Das offi­zi­el­le Japan sagt, dass es nicht mehr als 200’000 gewe­sen seien.

Die Rede vom Zwischenfall

Auch eine vor fünf Jah­ren ein­be­ru­fe­ne, gemein­sa­me Exper­ten­kom­mis­si­on bei­der Län­der konn­te die­se Dif­fe­renz nicht berei­ni­gen. Der Grund für die Unei­nig­keit bezüg­lich der kon­kre­ten Zahl der Opfer sind unter­schied­li­che Auf­fas­sun­gen über die Veri­fi­zie­rung der Daten wie bei­spiels­wei­se die Defi­ni­ti­on von Mas­sa­ker, der Ort und die Dau­er des Ereig­nis­ses sowie die Bestat­tungs­do­ku­men­te (Asi­en­spie­gel berich­te­te). Einig war man sich jedoch, dass Mas­sen­hin­rich­tun­gen von Kriegs­ge­fan­ge­nen und Zivi­lis­ten sowie Ver­ge­wal­ti­gun­gen, Plün­de­run­gen und Brand­stif­tun­gen stattfanden.

Kon­ser­va­ti­ve und natio­na­lis­ti­sche His­to­ri­ker und Poli­ti­ker in Japan gehen von noch viel tie­fe­ren Opfer­zah­len aus. Man­che zwei­feln das Nan­king-Mas­sa­ker gar kom­plett an oder bezeich­nen es ver­harm­lo­send als Zwi­schen­fall. Chi­na mein­te auf die Reak­ti­on aus Tokio ledig­lich, dass Japan trotz aller Dro­hun­gen die­sen Fleck in der Geschick­te nicht ein­fach besei­ti­gen könne.

Trotz der Empö­rung wird Japan es wohl bei einer lee­ren Dro­hung belas­sen. Denn die UNESCO ist für Japan viel zu wich­tig, auch in finan­zi­el­ler Hin­sicht. Wie fast kein ande­res Land inves­tiert Japan viel in den Bewer­bungs­pro­zess für sei­ne his­to­ri­schen und natür­li­chen Stät­ten ins Welt­kul­tur­er­be. 19 haben es bis­lang geschafft, zuletzt die indus­tri­el­len Stät­ten der Mei­ji-Zeit (Asi­en­spie­gel berich­te­te). Die zusätz­li­chen Tou­ris­ten­ein­nah­men und der Image-Gewinn sind immens.

Ehre auch für Japan

Im Übri­gen ging Japan auch beim Welt­do­ku­men­ten­er­be nicht leer aus. Gleich zwei Doku­men­te haben es geschafft: dazu gehört das Archiv des Tōji-Tem­pels, das 24’147 his­to­ri­sche Doku­men­te umfasst, wel­che die Akti­vi­tä­ten zwi­schen 763 und 1711 fest­ge­hal­ten haben.

Und auch die Doku­men­te des Mai­zu­ru Repa­tria­ti­on Memo­ri­al Muse­um haben dies­sel­be Ehre erhal­ten. Sie erzäh­len vom Leben und Lei­den der japa­ni­schen Kriegs­ge­fan­ge­nen in der Sowjet­uni­on zwi­schen 1945 und 1956. Über die­se Aner­ken­nun­gen hat sich Japan selbst­ver­ständ­lich gefreut.

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