Gegen die Hassreden in Japan
Videos von öffentlichen Hassreden in japanischen Städten findet man problemlos auf Youtube. Es handelt sich zumeist um Mitglieder von rechtsgerichtete Gruppen, die auf den Strassen rassistische Reden gegen die koreanischstämmige Minderheit in Japan halten. Lange wurde dagegen nichts unternommen. Doch nun hat das japanische Justizministerium erstmals überhaupt aktiv eingegriffen, wie die Tokyo Shimbun berichtet.
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Es soll zwei Video-Websites-Betreibern, darunter NicoNico, gebeten haben, filmische Beiträge von anti-koreanischen Aktivisten zu löschen, da diese mit ihrem Handeln gegen die Menschenrechte sowie auf das Recht auf Privatsphäre verstossen würden. Die Bitte war zwar rechtlich nicht bindend, doch die Betreiber haben daraufhin Hassreden-Videos gelöscht, die Aktivisten der antikoreanischen Gruppierung Zaitokukai bei Hassreden in Tokio zeigt. Das Ministerium sei von privaten Personen darauf aufmerksam geworden und habe daraufhin reagiert.
Ein ständiger Balanceakt
Nach jahrelanger Untätigkeit tut sich seit einem Jahr etwas auf Regierungsebene. 2015 startete das Justizministerium aktiv eine Kampagne zum Schutz der Menschenrechte. «Hassreden tolerieren wir nicht», heisst der Slogan auf der eigens eingerichteten Informations-Website. Aufklärungsplakate wurden in den Bahnhöfen aufgehängt, ein Aufklärungsfilm online geschaltet und eine Beratungsstelle für Opfer geschaffen. Ausserdem wurde ein ehemaliger Anführer der Zaitokukai aufgefordert, öffentliche Hassreden sein zu lassen.
Man hat es bislang jedoch bei Empfehlungen und Präventionskampagnen belassen. Die Regierung stellt sich auf den Standpunkt, dass die Hassreden wohl oder übel zur verfassungsrechtlich garantierten Meinungsfreiheit gehören. Man müsse daher äusserst vorsichtig dagegen vorgehen. Auch im aktuellen Fall wird von Kritikern einerseits der Schutz der Opfer begrüsst, gleichzeitig mahnen sie, dass Eingriffe durch das Ministerium die grundsätzliche Meinungsfreiheit nicht gefährden dürften. Es sei daher wichtig, dass man klare Kriterien schaffe.
Internationale Kritik
Japan steht mit seiner Toleranz gegenüber Hassrednern schon länger international in der Kritik. Im August 2014 hatte eine UNO-Kommission in Genf, die sich für die Einhaltung des internationalen Abkommens zur Beseitigung aller Formen rassistischer Diskriminierungen einsetzt, Japan aufgefordert, aktiv zu werden.
Sie hat die Regierung in Tokio gebeten, die Hassreden und Diskriminierungen gegen Minderheiten zu verbieten. Das Recht auf Rede- und Demonstrationsfreiheit und ein gleichzeitiges Verbot von Hassreden stünden nicht im Widerspruch, betonte die UNO weiter (Asienspiegel berichtete). Es gehe um den Schutz von Minderheiten. In zahlreichen Nationen sind Hassreden wie in Japan klar verboten. Die UNO hat nach einem Besuch eines Abgesandten des Menschenrechtsrat dieses Jahr ihre Fordernung noch einmal wiederholt, wie die Asahi Shimbun berichtete.
Druck aus den Regionen nimmt zu
Tatsächlich findet in der Politik allmählich ein Umdenken statt, besonders seit der Oberste Gerichtshof am 9. Dezember 2014 eine anti-koreanische Demonstration in Kyoto als Verstoss gegen die Menschenrechte und damit als illegal eingestuft hat (Asienspiegel berichtete).
Im Parlament beschäftigt sich eine Projektgruppe mit dem Problem der Hassreden. Auch der Druck aus den Regionen steigt. Inzwischen haben mehr als 23 Lokalregierungen und -Parlamente in offiziellen Stellungnahmen die Zentralregierung in Tokio aufgefordert, rechtlich gegen die Hassreden vorzugehen (Asienspiegel berichtete). Der Tenor ist klar: Japan verliere das internationale Vertrauen, wenn es Hassreden weiterhin tolerieren würde. Gerade hinsichtlich der Sommerspiele 2020 in Tokio sei nun Eile geboten.
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