Obama wird Hiroshima besuchen
Aktualisiert am 10. Mai 2016 – Am 6. August 1945 warfen die USA eine Atombombe über die japanische Hafenstadt Hiroshima. Rund 90’000 Menschen starben sofort. Weitere 90’000 bis 160’000 starben an den Spätfolgen. Drei Tage kam es zum Atombombenangriff auf Nagasaki. Eine Woche später war der Zweite Weltkrieg zu Ende. In der amerikanischen Auffassung waren diese Schritte nötig, um eine blutige Invasion der japanischen Hauptinseln und somit weitere Zehntausende tote US-Soldaten zu verhindern.
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Bis heute betrachten gemäss einer Umfrage des Pew Research Center 56 Prozent der Amerikaner die damaligen Angriffe als gerechtfertigt. In Japan sind es derweil nur 14 Prozent. Die unterschiedlichen Auffassungen und Gefühlsempfindungen zwischen den heutigen Alliierten hat dazu geführt, dass selbst 71 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg kein einziger US-Präsident Hiroshima besucht hat.
Ein Rede in Hiroshima?
Dies wird sich am 27. Mai ändern. Dann wird Barack Obama nach dem G-7-Treffen in der japanischen Präfektur Mie als erster amtierender US-Präsident überhaupt Hiroshima einen Besuch abstatten. Dies hat das Weisse Haus in einer offiziellen Pressemitteilung bekanntgegeben. Er wird dies gemeinsam mit Premierminister Shinzo Abe tun, wie die Mainichi Shimbun und andere Medien berichten.
Obama selbst äusserte bereits 2009 den Wunsch, dereinst die Stadt besuchen zu wollen. «Die Erinnerungen an Hiroshima und Nagasaki sind in das Gedächtnis unserer Welt eingraviert und ich würde mich geehrt fühlen, diese beiden Städte noch während meiner Präsidentschaft besuchen zu können», sagte US-Präsident Barack Obama damals gegenüber NHK (Asienspiegel berichtete).
Seit der Prager-Rede von 2009, in der sich Obama zu einer atomwaffenfreien Welt bekannte, spekulieren die japanischen Medien alljährlich über einen möglichen Besuch und eine anschliessende Rede, in der sich der Präsident für die Abschaffung von Atomwaffen einsetzen würde. Nun könnte wird diese Vision im letzten Amtsjahr des US-Präsidenten doch noch Wirklichkeit.
Ein heikler Balanceakt
Ein Besuch in Hiroshima wird aber auch einem heiklen Balanceakt gleichkommen. Einerseits erwarten die Japaner vom US-Präsidenten eine starke Geste des Beileids. Andererseits kann es sich kein US-Präsident innenpolitisch leisten, sich für Hiroshima oder Nagasaki zu entschuldigen. In einer Kolumne in U.S. News beschreibt Aussenpolitikexperte Lawrence J. Haas ausführlich, weshalb er von einer Entschuldigung dringend abrät.
Obama wird denn auch die Entscheidung von 1945 nicht thematisieren, zitiert die New York Times den Blog von Benjamin J. Rhodes, der als Berater des US-Präsidenten tätig ist. Es werde vielmehr um die Betonung einer gemeinsame Zukunft ohne nukleare Waffen gehen.
Kazumi Matsui, Bürgermeister von Hiroshima, hat bereits vor einigen Wochen in einer Pressekonferenz derweil erklärt, dass er einen Besuch begrüssen, er jedoch keine Entschuldigung erwarten würde. Er würde sich aber freuen, wenn Obama sich mit den noch lebenden Atombombenopfern austauschen könnte.
Einen historischen Schritt hat die aktuelle US-Regierung bereits vor zwei Wochen getätigt. John Kerry hat als erster US-Aussenminister überhaupt Hiroshima besucht und beim Mahnmal im Friedenspark einen Kranz niedergelegt. Eine Entschuldigung wurde von Anfang nicht thematisiert. Kerry brachte aber seinen Wunsch für ein Ende der Bedrohung durch nukleare Waffen zum Ausdruck. Und womöglich war dieser Besuch nur ein Vorspiel für noch mehr.
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