Kyoto gegen Airbnb
Das Mitwohnportal Airbnb boomt in Japan. Weit über 26’000 Wohnungen und Zimmer werden inzwischen im Inselstaat angeboten. Letztes Jahr machten über eine halbe Million Gäste davon Gebrauch. Der Nutzen von Airbnb für die japanische Wirtschaft soll sich auf 221,9 Milliarden Yen (1,8 Mia Euro) belaufen.
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Bislang ist dieser Dienst in den meisten Orten jedoch illegal, da es sich bei den Airbnb-Angeboten weder um eine normale Miete einer Wohnung noch um ein klassisches Hotel handelt (Asienspiegel berichtete). Gemäss dem aktuellen Hotelgesetz ist für diese Form der Vermietung eine Spezialbewilligung der lokalen Behörden notwendig, die jedoch kaum jemand einholt, weil die Auflagen zu streng sind.
Und trotzdem: Airbnb wird nicht nur geduldet, die Regierung sieht darin gar die Lösung, um für die steigenden Touristenzahlen (Asienspiegel berichtete) genügend Übernachtungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen, gerade auch hinsichtlich der Sommerspiele 2020. Die Hotels in den Grossstädten sind jetzt schon chronisch ausgebucht. Daher hat die Polizei bislang nur in Fällen schwerer Missachtung des Gesetzes bei Airbnb eingegriffen.
Legalisierung unter welchen Bedingungen?
Im Tokioter Bezirke Ota wie auch in Osaka wurde sogar der erste Schritt zur Legalisierung der Kurzvermietung von privaten Wohnbereichen an Touristen, auf Japanisch minpaku genannt, bereits vollzogen (Asienspiegel berichtete), wenn auch mit Auflagen. So ist eine Vermietung erst ab mindestens 6 Nächten erlaubt, damit Minpaku nicht zur Konkurrenz für Hotels werden.
Dies bedeutet, dass ein Grossteil der Vermieter von Privatbereichen auch in diesen Orten weiterhin im legalen Graubereich arbeitet. Trotzdem macht man weiter, in der Hoffnung, dass die Rechtslage dereinst vollständig den Realitäten angepasst wird.
Die Zentralregierung in Tokio plant denn auch für 2017 ein Minpaku-Gesetz, das die Vermietung von Wohnungen und Zimmern unter klaren Bedingungen landesweit legalisieren würde, wie die Nikkei Shimbun berichtet. Die 6-Nächte-Klausel würde in diesem Fall wegfallen. Tokio sieht gerade für die ländlichen Regionen, wo es an einer Infrastruktur für Touristen fehlt, im Minpaku-System eine Chance (Asienspiegel berichtete).
Widerstand in Kyoto
Doch nicht überall stösst der Boom von Airbnb auf Wohlwollen. Der grösste Widerstand kommt aus Kyoto, wie die Asahi Shimbun berichtet. Die alte Kaiserstadt ist so etwas wie das Zentrum des Tourismus. Fast jeder ausländische Tourist, der zum ersten Mal nach Japan reist, macht hier halt. Die Hotels in Kyoto haben eine extrem hohe Auslastungsrate von 88,9 Prozent.
Infolgedessen ist Airbnb für viele Touristen zum einzigen Ausweg geworden. In Kyoto haben die Klagen von Einwohnern aber zugenommen. Die unbekannten Minpaku-Gäste seien laut oder hielten die Regeln nicht ein, heisst es oft. Andere sorgen sich um die Zukunft der Nachbarschaft.
Hotline gegen Minpaku-Dienste
Die Stadt hat nun reagiert. Künftig können sich Bewohner direkt über eine Telefonnummer oder E-Mail an die Behörden richten. Man hofft auf diese Weise, die Verbreitung von illegalen Minpaku-Diensten stoppen zu können. So sollen über 90 Prozent der rund 2700 privaten Übernachtungsangebote über keine Bewilligung verfügen.
Damit verfolgt Kyoto eine ganz andere Strategie als die Zentralregierung in Tokio. Andere touristische Orte wie der Bezirk Taito in Tokio oder Karuizawa in der Präfektur Nagano gehen ähnliche Wege wie die alte Kaiserstadt und haben sogar Verordnungen gegen Minpaku erlassen. Auch die Hotelbranche möchte bei dieser Entwicklung nicht mehr einfach zuschauen, wie die Japan Times berichtet. So fordert die All Japan Ryokan Association ein strengeres Vorgehen gegen illegale Anbieter.
Wie ernst es Kyoto mit der Androhung ist, wird sich in den nächsten Monaten zeigen. Bürgermeister Daisaku Kadomon hat derweil erklärt, dass er eine Vermietung von Wohnbereichen, wo der Gastgeber auch lebt, durchaus tolerieren würde, wie die Mainichi Shimbun berichtet. Die Vermietung von Wohnungen, wo keine Gastgeber oder Besitzer leben würden, wolle er aber nicht erlauben. Man werde die genauen Richtlinien für die Stadt im Sommer bekanntgeben. Nur eine landesweite einheitliche Regelung wird wohl Klarheit in das derzeitige Chaos bringen.
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