Eine Stadt verliert ihre Bahnlinie
Yubari auf der japanischen Nordinsel Hokkaido war einst eine florierende Stadt mit fast 120’000 Einwohnern. Das war 1960, als man mit dem Kohlebergbau viel Geld verdiente. Dann kam das Erdöl und irgendwann schloss die letzte Zeche. Arbeit gab es keine mehr. Die jungen Leute zogen in die grossen Städte. Heute hat Yubari nicht einmal mehr 10’000 Einwohner (Asienspiegel berichtete).
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Der Ort steht sinnbildlich für die Überalterung der Gesellschaft und das Aussterben der ländlichen Gegenden. Fast die Hälfte ist über 65 Jahre alt, 2007 musste die Stadt den Bankrott anmelden. Der Australier Brett Patman hat den Zerfall der Stadt fotografisch eindrücklich festgehalten. Wirtschaftliche Besserung ist nicht in Sicht. Für einen finanziellen Lichtblick sorgen einzig noch die vorzüglichen Yubari-Melonen, die regelmässig Rekordpreise erzielen (Asienspiegel berichtete).
Die neue Hiobsbotschaft
Nun erlebt die Stadt ihren nächsten Tiefpunkt. Die Bahnlinie der Stadt, die «Sekisho-Zweiglinie», die zwischen der kleinen Station Yubari und dem 16 Kilometer entfernten Bahnhof Shin-Yubari verkehrt und deren Geschichte bis 1892 zurückreicht, schreibt seit Jahren rote Zahlen.
Einst verkehrten hier Güterzüge für Kohle und sogar ein Expresszug. Doch das war in den goldenen Tagen. Gemäss Mynavi News verzeichnete die Strecke 1987 pro Tag und Kilometer immerhin 1129 Passagiere. Heute sind es gerade noch 118. Die Zweiglinie liegt aktuell an dritter Stelle in der Rangliste der unrentabelsten Linien auf der Nordinsel.
Ausserdem sind die kleinen Bahnhöfe in einem äusserst schlechten Zustand. Tunnel und Brücken sind teilweise über 100 Jahre alt und müssten dringend renoviert werden. Aus diesem Grund hat Betreiber JR Hokkaido angekündigt, diese Zweiglinie durch Yubari bis März 2019 einzustellen, wie NHK News berichtet.
Kein Einzelfall
Der Entscheid, eine gesamte Bahnlinie einzustellen, verdeutlicht die neuen demographischen Realitäten. JR Hokkaido ist in diesem Zusammenhang derzeit in einem Umstrukturierungsprozess. Bahnlinien, die nicht mehr finanzierbar sind, werden derzeit genau überprüft. So hat JR Hokkaido bereits letztes Jahr das Ende eines 16,7 Kilometer langen Teilstücks der Rumoi-Bahnlinie angekündigt, wie trafficnews.jp berichtet.
Im Fall von Yubari geht es nun darum, Alternativen zu finden, um einen effizienten Zugang zur Station Shin-Yubari aufrechtzuerhalten. Denn über diesen Bahnhof ist die Stadt dank der Sekisho-Linie mit dem Flughafen von Sapporo angeschlossen. Geplant ist die Einführung einer Buslinie, die die Bahn vollwertig und finanziell nachhaltig ersetzen soll. Bereits heute existiert ein lokales Bussystem, das man wohl ausbauen und anpassen wird.
Zugland Hokkaido
Die Nordinsel Hokkaido bietet übrigens einige Perlen für nostalgische Zugfans. Dazu gehört Koboro, der abgelegenste Bahnhof in Japan (Asienspiegel berichtete).
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