Die letzte Bastion der Stehklos
Lange waren sie in Japan der Standard: Die Stehklos, auf Japanisch Washiki-Toire («Toiletten im japanischen Stil») genannt. Bis heute findet man sie an vielen öffentlichen Orten noch vor. Doch sie werden immer weniger. Die Yōshiki-Toire («Toiletten im westlichen Stil») haben ihnen schon lange den Rang abgelaufen.
Wenn Sie diesen Artikel gratis lesen, bezahlen andere dafür. Mit einem Abo sichern Sie die Zukunft dieses Japan-Blogs.
Heute dominiert sogar eine Weiterentwicklung des Yōshiki-Toire, das Dusch-WCs, auch Washlet genannt. Diese von Toto 1980 eingeführte Hightech-Toiletten findet man inzwischen überall. Über 70 Prozent der Haushalte und praktische alle öffentlichen Neubauten setzen ganz auf diese modernen Toiletten mit Spülfunktion für den Hintern (Asienspiegel berichtete).
Das bedeutet auch, dass inzwischen schon eine ganze Generation sich an deren Komfort gewöhnt hat – und mit dem Stehklo nicht mehr viel anfangen kann. Für die Schulen in Japan wird diese Entwicklung zunehmend zu einem Problem. Denn diese sind neben den Bahnhöfen sowie den Park- und Tempelanlagen sozusagen die letzte Bastion der Stehklos.
Mehrheitlich Stehklos
So ergab eine Umfrage des Bildungsministeriums, dass von den 1,4 Millionen Toiletten in den japanischen Schulen 790’000 Stehklos sind, wie die Yomiuri Shimbun berichtet. Das macht einen hohen Anteil von 56,7 Prozent aus. Lediglich 43,4 Prozent sind westliche Toiletten. Besonders in Schulen in ländlichen Gegenden ist der Anteil an Washiki-Toiletten noch viel höher. Das hat auch damit zu tun, dass mehr als 70 Prozent der Schulgebäude bereits über 25 Jahre alt sind und dringend eine Sanierung nötig hätten.
Der Mangel an westlichen Toiletten in den Schulen führt dazu, dass heute 31 Prozent der Schüler sagen, dass sie das «grosse Geschäft» auf den Schultoiletten konsequent meiden – wobei die Jungs das Stehklo noch mehr verachten als die Mädchen, wie die Sankei Shimbun berichtet. Verstopfung und andere Gesundheitsrisiken sind die Folge.
Hinzu kommt, dass vielen Schulen bei Naturkatastrophen zu Evakuierungszentren umfunktioniert werden, die während Wochen, ja sogar Monaten benutzt werden. Die Stehklos werden dann nicht nur für die Kinder, sondern auch für die älteren und schwächeren Personen zum Problem. Denn ab einem gewissen Alter kann die Verwendung eines Stehklos zu einer mühsamen Aufgabe werden.
Begrenzte Mittel der Schulen
Die Schulen sind zwar alle gewillt, die Umstellung auf die modernen Toiletten vorzunehmen, doch es fehlt an finanziellen Mitteln. Obwohl die Regierung seit zwei Jahren einen Drittel der Umbaukosten übernimmt (Asienspiegel berichtete), hat sich offensichtlich wenig getan. Für die Schulen hat die Investition der limitierten Mittel in die Erdbebensicherheit – aus verständlichen Gründen – eine höhere Priorität. Die Regierung wird sich wohl noch einige Zeit mit diesem Geschäft beschäftigen müssen.
Ohne Abonnenten kein Asienspiegel
Februar 2024 – Wenn Sie diesen Artikel gratis lesen, bezahlen andere dafür. Mit einem Abo sichern Sie die Zukunft dieses Japan-Blogs, der über 5000 kostenlos zugängliche Artikel bietet.
VORTEILE JAHRES-ABO
Jahres-Abonnenten stehe ich für Fragen zur Verfügung. Klicken Sie hier, um mehr darüber zu erfahren.
- Zahlungsmittel: Master, Visa, PayPal, Apple Pay, Google Pay
- Für TWINT bitte via Asienspiegel Shop bezahlen
- Für Banküberweisung hier klicken