I-Turn: Von Tokio aufs Land ziehen

In der Region Tokio leben 38 Millionen Menschen. Das macht ihn zum grössten Ballungsraum der Welt. Und auch in den kommenden Jahren wird die japanische Hauptstadt weiter wachsen. Tokio verzeichnet jährlich einen Nettozufluss an Menschen (Asienspiegel berichtete). Die Hauptstadtregion ist seit jeher das wirtschaftliche Zentrum, das Arbeit und Karrierechancen bietet. Einzig Nagoya, Osaka und Fukuoka können noch einigermassen mithalten. Der Rest des Landes kämpft derweil mit einem rasanten Bevölkerungsrückgang, viele Dörfer kämpfen gar um ihre Existenz (Asienspiegel berichtete).
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Die Zuzüge nach Tokio verstärken die demographische Krise des Landes. Denn die Metropole ist teuer. Viele junge Menschen schlagen sich mehr schlecht als recht durch. Eine Heirat oder Familiengründung können sich viele gar nicht mehr leisten. Das führt dazu, dass Tokio die tiefste Geburtenrate des Landes hat. Und so beschleunigt sich der allgemeine Bevölkerungsrückgang noch zusätzlich.
Von der Stadt aufs Land
Doch es gibt auch den anderen Trend: Die Flucht von der Stadt aufs Land. Von U-Turn spricht man auf Japanisch, wenn eine Person, die in die Stadt gezogen ist, wieder in ihr ländliche Heimat zurückkehrt. Gleichzeitig gibt es auch das I-Turn-Phänomen, das einen Wegzug an einen ländlicheren Ort beschreibt, zu dem man keine familiäre oder sonst irgendeine Beziehung hat. Gemeint ist damit insbesondere der Umzug eines Städters aufs Land. Daneben gibt es noch den J-Turn (die Rückkehr von der Stadt in die Nähe des Heimatortes) oder neu auch den Mago-Turn (Umzug zum Heimatort der Grosseltern).
Für die Leute, die diesen Weg einschlagen, ist dies ein bewusster Entscheid für mehr Ausgeglichenheit und Lebensqualität. Dafür ist man auch bereit, einen tieferen Lohn hinzunehmen. Im Gegenzug fallen Pendlerstress, Überstunden und all die anderen Unannehmlichkeiten des stressigen Grossstadtlebens weg. Der Umzug aufs Land scheint besonders seit der Dreifachkatastrophe von 2011 Zulauf zu erhalten, wie die Yomiuri Shimbun berichtet.
Ein Hoffnungsschimmer
Für die ländlichen Gegenden, die unter der rasanten Entvölkerung leiden, ist dieser sanfte Trend zumindest ein Hoffnungsschimmer. Mit den Vorzügen des Landlebens und auch kleinen finanziellen Anreizen versuchen sie nun, die Leute wieder für sich zu gewinnen. Auch die Regierung in Tokio begrüsst diese Entwicklung. Mit Konjunkturprogrammen, der Tourismusförderung und Familienprogrammen will sie in den kommenden Jahren die ländlichen Regionen wieder attraktiver gestalten und somit auch die I-Turn-Bewegung stärken (Asienspiegel berichtete).
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