2017 nahm Japan 20 Flücht­lin­ge auf

Ein von Japan bezahl­tes UNHCR-Pro­jekt im Tschad.
Ein von Japan bezahl­tes UNHCR-Pro­­jekt im Tschad. EU Huma­ni­ta­ri­an Aid and Civil Pro­tec­tion / flickr

Japan hat 2017 eine Rekord­zahl von 19’628 Flücht­lings­an­trä­gen ver­zeich­net. Den Flücht­lings­sta­tus erhal­ten haben gera­de mal 20 Per­so­nen, wie die Asahi Shim­bun berich­tet. Dazu zäh­len haupt­säch­lich Ägyp­ter, Syrer und Afgha­nen. Wei­te­re 45 Men­schen wur­den zwar nicht als Flücht­lin­ge aner­kannt, erhiel­ten aber aus huma­ni­tä­ren Grün­den ein Blei­be­recht. Zwei Fak­ten fal­len dabei auf: Einer­seits sind die Asyl­an­trä­ge für japa­ni­sche Ver­hält­nis­se im letz­ten Jahr regel­recht explo­diert. 2016 waren es noch 10’901 Anträ­ge (Asi­en­spie­gel berich­te­te). Ande­rer­seits bleibt die Zahl der aner­kann­ten Flücht­lin­ge seit Jah­ren kon­stant tief. 2016 waren es 28. Wie kommt es zu die­ser Diskrepanz? 

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Ein Blick in die Geschichte

Japan ist das Land mit der strik­tes­ten Aus­le­gung der UN-Flücht­lings­kon­ven­ti­on. Kei­ne ande­re G-7-Nati­on nimmt weni­ger Flücht­lin­ge auf. Dafür gibt es geo­gra­phi­sche sowie his­to­ri­sche Grün­de. Die insu­la­re und abge­le­ge­ne Lage hat dazu geführt, dass Japan mit der Ein­füh­rung des Flücht­lings­sta­tus jah­re­lang zuwar­ten konn­te – und bis heu­te von den gros­sen Flücht­lings­strö­men ver­schont bleibt. Nach dem Zwei­ten Welt­krieg hat­te das Land zudem mit dem eige­nen Wie­der­auf­bau so viel zu tun, dass eine Auf­nah­me von Flücht­lin­gen gar nicht zur Debat­te stand. Erst mit dem Ende des Krie­ges in Viet­nam wur­de der Insel­staat mit einer Flücht­lings­wel­le kon­fron­tiert. Aus huma­ni­tä­ren Grün­den nahm Tokio damals meh­re­re tau­sen­d Men­schen aus Viet­nam, Kam­bo­dscha und Laos auf (exakt 11’319 zwi­schen 1978 und 2005). 

Basie­rend auf die­sen Erfah­run­gen ent­schloss sich Japan 1981, der Gen­fer Flücht­lings­kon­ven­ti­on bei­zu­tre­ten. Erst 1982 folg­te somit die Ein­füh­rung eines Sys­tems für Asyl­an­trä­ge. Seit­her haben gera­de etwas mehr als 700 Per­so­nen einen Flücht­lings­sta­tus erhal­ten. Die Über­be­völ­ke­rung in den urba­nen Gebie­ten, eine jah­re­lang sta­gnie­ren­de Wirt­schaft, eine kom­ple­xe Gesell­schaft, die eine Inte­gra­ti­on extrem erschwert, aber auch die Bewäl­ti­gung der Drei­fach­ka­ta­stro­phe von 2011 wer­den ger­ne als Grün­de für die hohe Ableh­nungs­quo­te genannt. 

Wes­halb so viel Anträge?

Kri­ti­ker ver­wei­sen jedoch dar­auf, dass die rasant über­al­tern­de Gesell­schaft Japans zur­zeit drin­gen­der denn je Arbeits­kräf­te auf dem Bau, in Fabri­ken, in Pfle­ge­be­ru­fen und in der Gas­tro­no­mie benö­tigt (Asi­en­spie­gel berich­te­te). Für Flücht­lin­ge hät­te man theo­re­tisch genü­gend Beschäf­ti­gungs­mög­lich­kei­ten. Und tat­säch­lich set­zen immer mehr Fir­men, die drin­gend Arbeits­kräf­te benö­ti­gen, auch auf Arbei­ter, die im Asyl­ver­fah­ren stecken. 

Denn in Japan galt seit 2010 die Pra­xis, dass Men­schen nach 6 Mona­ten im Asyl­ver­fah­ren arbei­ten dür­fen. Dies hat dazu geführt, dass immer mehr Per­so­nen aus Süd­ost­asi­en, die bereits über ein zur Arbeit berech­ti­gen­des Prak­ti­kums- oder Stu­den­ten­vi­sum ver­füg­ten (Asi­en­spie­gel berich­te­te), die­sen Weg ein­schlu­gen. Die­ses Schlupf­loch hat ihnen ermög­licht, die Auf­ent­halts­be­wil­li­gung in Japan naht­los zu ver­län­gern, wie die Nik­kei Shim­bun berich­tet. 2017 explo­dier­te schliess­lich die Zahl der Anträ­ge. Die Regie­rung in Tokio hat nun die Pra­xis, dass Flücht­lin­ge im War­te­zu­stand arbei­ten dür­fen, mas­siv ein­ge­schränkt. Sie rech­net daher mit einem star­ken Rück­gang in die­sem Jahr. Letzt­end­lich hat sich das Land das Pro­blem der Rekord­ge­su­che sel­ber geschaffen. 

Es bleibt die Fra­ge, wie die Poli­tik mit den so drin­gend benö­tig­ten aus­län­di­schen Arbeits­kräf­ten in den arbeits­in­ten­si­ven Bran­chen mit aku­tem Per­so­nal­man­gel umge­hen will? Bis heu­te ist sie jeden­falls nicht bereit, ihnen lang­fris­ti­ge, regu­lä­re und gesi­cher­te Arbeits- und Auf­ent­halts­be­wil­li­gun­gen zu ertei­len. Viel­mehr müs­sen die­se sich mit kurz­fris­ti­gen Prak­ti­kums- und Stu­den­ten­vi­sa – oder eben mit einem Asyl­an­trag – her­um­schla­gen. Die Fol­ge ist die Ent­ste­hung von immer mehr Grau­zo­nen, in denen sich arbeits­wil­li­ge Immi­gran­ten und die nach Arbeits­kräf­te lech­zen­de Wirt­schaft bewe­gen (Asi­en­spie­gel berich­te­te).

Geld anstatt Flüchtlinge

Wenn es um die finan­zi­el­le und logis­ti­sche Unter­stüt­zung im Flücht­lings­be­reich geht, ist das Land hin­ge­gen ganz vor­ne dabei. Japan war 2017 mit einem Bei­trag von 152 Mil­lio­nen Dol­lar die dritt­gröss­te Geber­na­ti­on nach den USA und Deutschland.

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