150 Jahre Hokkaido
Am 15. August 1869 wurde Japans Nordinsel offiziell Hokkaido getauft und unter Kontrolle der neuen Regierung in Tokio gestellt, die sich daran machte, im Eiltempo das Land zu modernisieren. Hokkaido wird dieses historische Ereignisse in den kommenden 12 Monaten gebührend feiern. Es wird verschiedene Veranstaltungen und Events geben, die dieses historische Ereigniss genauer durchleuchten. Tatsächlich ist die Nordinsel Japans in vielerlei Hinsicht ein Sonderfall in der japanischen Geschichte. Hier ein paar interessante Fakten:
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1) Zweitgrösste Insel
Hokkaido ist flächenmässig die zweitgrösste Insel Japans. Sie ist doppelt so gross wie die Schweiz, zählt aber lediglich 5,3 Millionen Einwohner, wobei alleine in der Hauptstadt Sapporo knapp 2 Millionen Menschen leben. Der höchste Berg ist der Asahidake mit 2290 Metern über Meer im Herzen der Insel. Auf keiner anderen Insel ist es im Winter kälter. Dafür sind die Sommer milder als im Rest des Landes. In Hokkaido existiert zudem keine Regenzeit (Asienspiegel berichtete).
2) Die japanische Frontier
Hokkaido wurde mit Beginn der japanischen Modernisierungszeit im amerikanischen Pionierstil von Japan besiedelt. Menschen aus Honshu, Shikoku und Kyushu strömten ab Ende der 1860er-Jahre in den Norden. Die Landwirtschaft wurde zum Hauptwirtschaftszweig. Bis heute spielt sie hier eine wichtige Rolle. Keine andere japanische Insel besitzt mehr Agrarland und Wälder. Politisch war Hokkaido während Jahrzehnten Tokio direkt unterstellt. Es gab eigens eine Hokkaido-Behörde in der Zentralregierung. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Insel den anderen Präfekturen vollends politisch gleichgestellt. Die Präfektur Hokkaido ist dabei flächenmässig so gross, dass man sie aus verwaltungstechnischen Gründen in 14 Unterpräfekturen aufgeteilt hat.
3) Die Ureinwohner
Die Leidtragenden der japanischen Besiedlung waren die Ainu. Der Urbevölkerung wurde mit der japanischen Besiedlung der Lebensraum entrissen. Erst 2008 wurden die Ainu von der Zentralregierung offiziell als Ureinwohner anerkannt. Seither bemüht man sich zunehmend, das noch verbliebene Erbe zu bewahren. Gouverneurin Harumi Takahashi hat angekündigt, bis 2020 ein Nationalmuseum für die Ainu-Kultur zu eröffnen.
4) Die Republik Ezo
Bis 1869 hiess die Insel Ezo und war hauptsächlich von den Ainu bewohnt. Einzig im Süden der Nordinsel gab es bereits seit dem 15. Jahrhundert vereinzelte japanische Siedlungen. Die grösste war die Hafenstadt Hakodate. 1868, am Ende der Edo-Zeit, wurde sie für eine kurze Zeit sogar zur Hauptstadt der Republik Ezo. Ein Flottenverband der gefallenen Tokugawa-Regierung waren hierhin geflüchtet. Admiral Takeaki Enomoto wurde zum Präsidenten des neu geschaffenen Staates erklärt. Doch bereits 1869 musste die Republik gegen die Armee der neuen Meiji-Regierung in Tokio in der Schlacht von Hakodate kapitulieren. Hokkaido erhielt daraufhin seinen Namen und wurde Teil des neuen modernen japanischen Staates. Enomoto wurde bereits 1872 begnadigt und später sogar zu einem wichtigen Regierungsmitglied.
5) Die verlorenen Inseln
Auf allen japanischen Karten findet man im Nordosten Hokkaidos die Inseln Shikotan, Kunashiri, Etorofu und die Habomai-Gruppe. Sie werden von Tokio ganz offiziell als japanisches Territorium angesehen. Tatsache ist jedoch, dass heute einzig Russen dort leben. Denn in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs eroberten die Sowjettruppen die gesamte Kurilen-Kette, inklusive die vier Inseln, welche Japan heute als die Nördlichen Territorien bezeichnet. Die gesamte Region wurde Teil der Sowjetunion. Über 17’000 Japaner mussten Shikotan, Habomai, Kunashiri und Etorofu verlassen, die meisten Männer kamen in sibirische Kriegsgefangenschaft. Japan besteht bis heute darauf, dass die vier Inseln ein fester Bestandteil von Hokkaido sind. Diese Streitigkeit ist auch der Grund, weshalb Japan und Russland bis heute keinen Friedensvertrag geschlossen haben (Asienspiegel berichtete). In Sapporo widmet sich ein Museum diesem Thema.
6) Die Bäreninsel
Auf der Nordinsel Hokkaido ist der Braunbär zuhause, der ausgewachsen mehrere hundert Kilo schwer wird. Es wird geschätzt, dass rund 10‘000 Braunbären auf der Nordinsel leben. Die Zahl könnte aber weitaus höher sein. So genau weiss das niemand. Vereinzelt kommt es zu ungewollten Begegnungen mit Menschen (Asienspiegel berichtete).
7) Unter dem Meer nach Hokkaido
Am 13. März 1988 wurde der Seikan-Bahntunnel eröffnet. Seither ist Hokkaio direkt mit der Hauptinsel Honshu verbunden (Asienspiegel berichtete). Mit einer Länge von 53,85 Kilometern war er (bis zum Bau des Gotthard-Basistunnels 2016) der längste Tunnel der Welt. Und nicht nur das. Zugleich war der Seikan-Tunnel (bis zum Bau des Eurotunnels 1994) auch der längste Unterwassertunnel. 23,3 Kilometer führen unter dem Meer hindurch. Von den ersten Probebohrungen 1964 bis zur Fertigstellung 1988 vergingen 24 Jahre. 34 Bauarbeiter starben, 700 wurden verletzt. Mit den Nachtreisezügen (Asienspiegel berichtete) konnte man fortan ohne Umsteigen in 17 Stunden von Tokio nach Sapporo fahren. Das änderte sich erst mit der Einführung des Hokkaido-Shinkansen, der seit 2016 täglich durch den Seikan-Tunnel fährt (Asienspiegel berichtete). Tokio und Hakodate am Südzipfel Hokkaidos sind nun in 4 Stunden 2 Minuten erreichbar. Bis 2030 wird die Strecke bis Sapporo verlängert.
8) Die Eisenbahn
Die Privatisierung der nationalen Bahngesellschaft Japan Railways (JR) von 1987 wird in vielerlei Hinsicht als Erfolgsgeschichte angesehen. Doch nicht überall laufen seither die Geschäfte gut. JR Hokkaidō ist seit Jahren in grossen finanziellen Schwierigkeiten. Die Bahnfirma hat 2016 erklärt, dass sie die Hälfte ihres Bahnnetzes in naher Zukunft nicht mehr alleine unterhalten kann. Denn keine einzige Linie schreibt schwarze Zahlen. Das Problem ist, dass die Firma riesige Distanzen abdecken muss auf einer Insel, deren Bevölkerungszahl rasant schrumpft und gleichzeitig immer mehr auf das Auto setzen (Asienspiegel berichtete). Bereits wurden viele lokale Bahnlinien für immer eingestellt (Asienspiegel berichtete). Auf anderen Strecken fahren zeitweise nur Ein- oder Zwei-Wagen-Kompositionen.
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