Das 105-jährige Studentenwohnheim in Kyoto
Auf dem riesiegen Gelände der Universität Kyoto befindet sich ein hölzerner Gebäudekomplex aus einer anderen Zeit. Es ist das älteste Studentenwohnheim Japans. 1913 wurde das sogenannte Yoshida-ryō eröffnet. Es überstand den Zweiten Weltkrieg und den Wirtschaftsboom der Nachkriegszeit. 105 Jahre später steht es noch immer inmitten des Campus-Gelände, wo in der Zwischenzeit rundherum neue grosse Wohnheime entstanden sind. Ende September 2018 lebten offiziell 170 Studenten im Yoshida-ryō.
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Die Leitung und Organisation ist alleine in der Hand der Studenten. Die Miete beträgt gerade mal 2500 Yen pro Monat. Es ist ein Leben in einem Geschichtsmuseum und der wohl letzte studentische Ort, wo der Geist der 1968er weiterlebt. Die Japan Times hat diese Atmosphäre in einem Artikel treffend eingefangen (siehe auch die Videos unten).
Doch die Tage des Yoshida-ryō scheinen nun definitiv gezählt zu sein. Seit den 1970ern hat die Leitung der Universität Kyoto wiederholt versucht, den historischen Wohnkomplex zu schliessen. Jedes Mal scheiterte sie am Widerstand der Studenten, zuletzt 1986. Der Weiterbetrieb des alten Hauses wurde geduldet. Nun macht die Leitung jedoch ernst. Seit dem 1. Oktober 2018 hängt am Eingang eine Anordnung zur Räumung des Yoshida-ryō, wie die Asahi Shimbun berichtet. Wer sich weiterhin darin aufhalte, mache sich wegen illegaler Besetzung strafbar, heisst es. Bereits im Dezember 2017 hatte die Universität diesen Schritt angekündigt.
In schlechtem Zustand
Als Begründung für die Räumung wird der bedenkliche Zustand des Gebäudes angegeben. Ein grösseres Erdbeben würde das Yoshida-ryō wohl kaum überstehen. Unterhaltsarbeiten gibt es nicht. Im Haus selber herrscht für Aussenstehende seit jeher ein wildes Durcheinander. Die Leitung empfindet den Ort als Schandfleck. Sie hat den verbliebenen Studenten angeboten, eine andere Wohnstätte zum selben Preis anbieten zu wollen. Die meisten Studenten wollen davon aber nichts wissen. Am 1. Oktober waren noch über 100 Studenten im Yoshida-ryō. Sie fürchten um das Ende dieses historischen Hauses und werfen der Universität vor, das Gespräch zu verweigern. Die Universität hat sich nie zur Zukunft des 105-jährigem Wohnheims geäussert. Es ist daher anzunehmen, dass man das historische Gebäude wohl abreissen und mit einem modernen Block ersetzen wird.
Ein Einblick in das Wohnheim
Kaum verändert: Aufnahmen von 1986
Der Standort des Wohnheims
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