Kitayama: Japans politischer Sonderfall
Kitayama liegt am gleichnamigen Fluss in der dicht bewaldeten Bergwelt der Kii-Halbinsel, wo sich die berühmten buddhistischen Pilgerwege von Kumano-Kodō befinden (siehe Standort unten). Das Dorf lebt heute vom Anbau der Zitrusfrucht Jabara. Auch die Forstwirtschaft ist hier seit jeher zuhause. Diese nutzte während Jahrhunderten den Kitayama-Fluss als Transportweg für das geschlagene Holz. Aus dieser Flösserei-Tradition sind in den vergangenen Jahren Wildwasserfahrten entstanden, die nun die grosse touristische Attraktion des Ortes sind (siehe Video unten).
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Kitayama zeichnet sich durch einige Besonderheiten auf. Denn das Dorf, das vollständig umgeben ist von den Präfekturen Nara und Mie, ist Teil der Präfektur Wakayama. Es handelt sich um die einzige Exklave in Japan. Es ist auch die einzige Gemeinde von Wakayama, die politisch noch als Dorf (mura) organisiert ist. Jegliche Fusionsbestrebungen scheiterten bislang.
Das kleinste Parlament Japans
Diese Besonderheit wird nun aber allmählich zum Problem. Die Bevölkerungszahl ist in den vergangenen 70 Jahren von einst 2600 auf heute noch 435 geschrumpft. 45 Prozent davon sind älter als 65 Jahre alt. Unter diesem Umständen wird es immer schwieriger die Vorgaben einzuhalten, die der Staat an eine politische Gemeinde stellt. Aus diesem Grund hat Kitayama nun beschlossen, die Zahl seiner Abgeordneten im Lokalparlament von 6 auf gerade mal 5 zu reduzieren, wie die Yomiuri Shimbun berichtet. Damit hat Kitayama nun zusammen mit dem entlegenen Inseldorf Kitadaito in der Präfektur Okinawa die kleinste Legislative Japans. Das Durchschnittsalter der Abgeordneten beträgt 67 Jahre. Letztendlich handelt es sich um eine Anpassung an die Realitäten. Denn seit 2016 ist ein Sitz ohnehin unbesetzt. Jener Abgeordneter gab damals sein Amt auf, um den Posten des Bürgermeisters zu übernehmen. Mit der Massnahme können zudem Kosten gespart werden.
Ein landesweites Problem
Kitayama ist nicht das einzige Dorf in Japan, das mit der Entvölkerung zu kämpfen hat. In Japan sind wegen der rasanten Überalterung der Gesellschaft mehr als 520 Gemeinden akut in ihrer Existenz bedroht (Asienspiegel berichtete). So steht beispielsweise auch das Dorf Okawa in der Präfektur Kochi auf der kleinsten Insel Shikoku vor demselben Problem. Dort spielte man 2017 mit dem Gedanken, das 6-köpfige Lokalparlament aufzulösen und dieses mit einer Gemeindeversammlung zu ersetzen (Asienspiegel berichtete). Es wäre ein Vorgang, den es so bisher nur einmal in der Nachkriegsgeschichte Japans gab (Asienspiegel berichtete).
Noch ist es aber nicht so weit. Okawa hat diesen Monat beschlossen, dass man künftig auch als Abgeordneter ein privatwirtschaftliches Auftragsverhältnis mit dem Dorf weiterhin betreiben darf, wie die Nikkei Shimbun berichtet. Gerade in einem kleinen Dorf wie Okada leben viele von einem Einkommen, dass teilweise aus Aufträgen vom Dorf selber stammt. Mit dieser Massnahmen will man das politische Amt für jüngere Personen und lokale Geschäftsleute attraktiver machen. Einschränkungen sollen dafür sorgen, dass dabei möglichst wenig Interessenkonflikte entstehen.
Log-Rafting in Kitayama
Der Standort von Kitayama
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