Die Rolltreppen-Regel in Japan
Effizienz steht in Japans Pendelverkehr an erster Stelle. Die Züge haben auf die Sekunde pünktlich zu sein. Für die Passagiere, die auf die Bahn warten, gibt es Markierungen zum Anstehen. Bei der Benutzung der Rolltreppe ist ebenfalls alles klar geregelt. Auf Tokios Rolltreppen gilt: «Links stehen, rechts gehen». In Osaka heisst es ausnahmsweise: «Rechts stehen, links gehen». Diese Regel haben die Japaner verinnerlicht. Nur so kann der riesige Passagierfluss bewältigt werden, war man bislang überzeugt. Bereits vor 10 Jahren begannen die Bahnhofsbetreiber jedoch umzudenken (Asienspiegel berichtete). Mit wiederkehrenden Plakatkampagnen versucht man seither die Passanten dazu zu bringen, auf beiden Seiten der Rolltreppe stehen zu bleiben.
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Für dieses Umdenken gibt es zwei Erklärungen. Der Hauptgrund ist die Sicherheit. Das Gehen auf der Rolltreppe schlichtweg zu gefährlich. Die gehenden Passanten stolpern, sie sehen eine Stufe nicht, stossen mit den stehenden Personen zusammen oder lassen ihr Gepäck fallen. Die Folgen sind gefährliche Sturzunfälle. 2017 wurden in ganz Tokio 1396 Unfälle auf der Rolltreppe registriert, wie die Nikkei Shimbun berichtete. Die meisten davon geschehen in den Bahnhöfen. Die langen Warteschlangen auf den Bahnsteigen, die durch dieses System entstehen, sind ebenfalls ein Problem. Es wird nicht nur gefährlich eng, man steht auch andern Passanten im Weg.
Da gibt es aber auch noch die Effizienz. Studien haben inzwischen ergeben, dass deutlich mehr Passagiere befördert werden, wenn alle konsequent auf beiden Seiten der Rolltreppe stehen (Asienspiegel berichtete). Die Universität der Präfektur Iwate hat ausgerechnet, dass die Beförderungsrate so um den Faktor 1,5 gesteigert werden kann. So können beispielsweise innerhalb einer Stunde 6000 anstatt 4000 Personen die Rolltreppe benutzen.
Wirkungslose Kampagnen
Bislang konnte jedoch kein noch so kreatives Poster (siehe unten) die Passanten zu einem Umdenken bewegen. Die Angst, dass man jemanden im Weg steht, überwiegt. Aus diesem Grund werden die Plakatkampagnen von Jahr zu Jahr intensiviert. Denn bis zu den olympischen Sommerspielen 2020 will man das Ziel, dass man auf beiden Seiten steht, erreicht haben.
Seit dieser Woche machen nun 52 Bahnfirmen, Kaufhäuser und Flughäfen im ganzen Land auf die neue Regel aufmerksam, mit Postern, kostenlosen Papiertaschentüchern, Aufklebern und mit Personal, das zu den Stosszeiten die Passanten vor Ort auffordert, stehen zu bleiben oder sonst die Treppe zu benutzen. «Die Reform der Rolltreppen-Benutzung» heisst die Kampagne. Bis zum 31. August dauert diese Aktion. Es wird wohl nicht die letzte gewesen sein.
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