Japan, das sichere Land
Japan zeichnet sich aus, ein sicheres Land zu sein. Selbst im nächtlichen Tokio muss man keine Angst haben, überfallen zu werden. Besonders auffallend ist, dass viele Japaner in Cafés ganz selbstverständlich ihre Taschen unbeaufsichtigt auf den Stühlen und Tischen liegen lassen, wenn sie auf die Toilette gehen oder an der Kasse anstehen. Hier kommt niemand auf die Idee, etwas zu stehlen. Und wenn es mal dazu kommt, dann kann der Täter sicher sein, dass sein Name in den nationalen Medien erscheinen wird.
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So berichtete NHK News von einer Serie von Taschendiebstählen in einem Café in Akihabara. Ein Chilene hatte gleich mehreren Personen, die gerade in ein Gespräch oder Buch vertieft waren, das Portemonnaie aus der Tasche entwendet. Er wurde in einem Fall auf frischer Tat ertappt, von der Polizei verhaftet und ist geständig. Die Polizei bat daraufhin die Bevölkerung, ihre Taschen in Cafés und Restaurants etwas mehr im Auge zu behalten.
Eines der sichersten Länder
Viele werden diesen Aufruf wieder vergessen. Zu sicher fühlt man sich hier. Die alljährlich publizierte Kriminalstatistik bestätigt dieses Gefühl. Die Zahl der Straftaten ist in Japan rückläufig. 2018 waren es noch 817’338. Es ist bereits das dritte Mal hintereinander, dass die Schwelle von 1 Million nicht überschritten wurde. In den allermeisten Fällen handelt es sich um Diebstähle. Zu Gewaltverbrechen kam es 4900 Mal. In 915 Fällen war es Mord oder versuchter Mord. Es ist erst das vierte Mal seit Kriegsende, dass diese Zahl unter die Schwelle von 1000 gefallen ist. In einem Land mit knapp 127 Millionen Einwohnern ist dies eine fast verschwindend kleine Zahl, auch wenn das japanische Fernsehen in seinen Nachrichtensendungen gerne ein anderes Bild zeichnet.
Statistisch gesehen waren die ersten zwei Jahrzehnten der Nachkriegsgeschichte die gefährlichste Zeit. Das Land war nach der Niederlage im Zweiten Weltkrieg am Boden. Es folgten politisch und gesellschaftlich turbulente Jahre. 1954 kam es zu 3081 Mordfällen. Die Zahl der Straftaten erreichte 2002 mit 2’853’739 registrierten Fällen einen Höchststand. Seither geht es in die andere Richtung.
In internationalen Bewertungen schafft es die 38-Millionen-Metropole Tokio regelmässig in die Top-Plätze der sichersten, saubersten und lebenswertesten Städte der Welt (Asienspiegel berichtete). Gerade für Frauen wird die Stadt in mehreren Kategorien als besonders sicher eingestuft (Asienspiegel berichtete).
Die Gründe für die tiefe Kriminalitätsrate
Für die tiefe Kriminalitätsrate gibt es ganz verschiedene Erklärungen. Einerseits gibt es in Japan eine enge soziale Verflechtung in der Gesellschaft, die zu einer anhaltend tiefen Verbrechensrate beiträgt. Die starke und weit verteilte Präsenz der Polizei in den Städten mit ihren Kōban-Polizeiboxen (Asienspiegel berichtete) sowie die strengen Waffengesetze (Asienspiegel berichtete) sind weitere Faktoren. Ausserdem wird Japans Bevölkerung immer älter, die Tendenz zu Aufständen, Revolutionen und Verbrechen wird dadurch ganz natürlich abgeschwächt.
Der kritische Blick
Und trotzdem gibt es auch hier noch viel zu tun. Japans Städte kämpfen beispielsweise seit Jahren mit sexuellen Belästigungen in den überfüllten Zügen (Asienspiegel berichtete). In Kriminalfällen wird der Polizei mangelnde Aufklärungsarbeit vorgeworfen. Seit Jahren kritisieren Menschenrechtsorganisationen die Methoden der Polizei und Gerichte. Fast alle polizeilichen Verhöre enden in Japan mit einem Geständnis, so dass davon ausgegangen werden muss, dass immer wieder Verurteilte unschuldig bestraft werden (Asienspiegel berichtete).
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