Reiseziel Japan: Der totale Stillstand
Der Tourismus in Japan, der sich in den vergangenen sechs Jahren zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor entwickelt hat, schlittert in seine grösste Krise. So versprechen die aktuellen Zahlen der japanischen Tourismusbehörde nichts Gutes. Bereits im Februar 2020 besuchten nur noch 1,085 Millionen Menschen aus dem Ausland den Inselstaat. Das entspricht einem Einbruch um 58,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Normalerweise liegt die monatliche Zahl der Einreisen zu dieser Jahreszeit bei rund 2,6 Millionen. Der grösste Rückgang war bei den so wichtigen Touristen aus China und Südkorea zu verzeichnen. Gerade noch 87’200 Chinesen reisten im Februar 2020 ein. Zur gleichen Zeit im 2019 waren es 723’000.
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Aber auch fast jeder fünfte Europäer hat schon im Februar, als sich die Krise in diesen Ländern erst andeutete, seine Japan-Reise annulliert. Selbst in Kyoto, dem touristischen Magneten schlechthin, spürte man die Krise sehr früh. Bereits Mitte Februar lancierte man in Arashiyama, wo der berühmte Bambuswald steht, eine Werbekampagne mit dem Slogan: «Suitemasu Arashiyama» – zu Deutsch «Leeres Arahisyama». Auf den Plakaten waren Bilder des berühmten Bambuswaldes oder der historischen Brücke Togetsukyō ohne eine Menschenseele zu sehen (siehe unten). Die Botschaft: Jetzt ist die Gelegenheit, Kyoto ohne Touristenmassen zu erleben. Die Bemühungen waren vergebens. Die im März erlassenen Einschränkungen und Verbote für Einreisen aus Europa und anderen Ländern werden die Besucherzahlen im März noch einmal dramatisch absinken lassen (Asienspiegel berichtete).
Erinnerungen an Fukushima
Für Japan ist dies der grösste Einbruch seit der Dreifachkatastrophe von 2011. In jenem Jahr kamen gerade noch 6,2 Millionen Besucher aus dem Ausland nach Japan. 2,4 Millionen weniger als ein Jahr zuvor. Einen Monat nach dem Tsunami vom 11. März 2011 und der darauffolgenden AKW-Katastrophe brachen die Zahlen sogar um 62,5% ein.
Die jetzige Krise könnte jedoch viel stärkere Auswirkungen auf die Wirtschaft haben. Denn 2011 hatte der Tourismus aus dem Ausland noch einen relativ geringen Stellenwert. 2019 ist Japan bei knapp 32 Millionen Touristen aus Übersee angelangt. Mit dem Aufschwung entstanden neue Hotels, Restaurants und Dienstleistungen – auch im Hinblick auf die Olympischen Sommerspiele 2020. Die Zuversicht ist jedoch weg. Bereits haben erste Ryokan, Hotels, Reisebüros und Busunternehmen Konkurs gemacht. Genauso kämpfen nun auch viele Airlines um das Überleben. Zurzeit hilft einzig der inländische Tourismus, die Lage abzufedern. Doch auch diesbezüglich hindert die aktuelle Unsicherheit rund um die Verbreitung des Coronavirus die Reisefreude vieler Japaner. Sie fragen sich, ob die Lage im Inselstaat wirklich unter Kontrolle ist oder ob der grosse Ausbruch erst noch bevorsteht (Asienspiegel berichtete)?
Die globale Krise
Ausserdem ist die jetzige Krise im Gegensatz zu 2011 nicht regional eingeschränkt. Sie hat die ganze Welt erfasst. Der Flugverkehr und der Tourismus sind nur die ersten von vielen Branchen, die unmittelbar betroffen sind. Gemäss der International Labour Agency der UNO sind durch die aktuelle Pandemie weltweit 25 Millionen Jobs gefährdet. Niemand weiss zudem, wann man mit einer Beruhigung der Lage rechnen kann und inwiefern sich der wirtschaftliche Schaden eingrenzen lässt. Solange bleibt die Welt im Standby-Modus. Doch der Blick auf die Krise nach Fukushima zeigt auch etwas Positives: 2012, nur ein Jahr nach der Katastrophe, hatten sich die Tourismuszahlen zumindest wieder erholt – und kurz danach folgten die Boom-Jahre.
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