«Tokyo 2020»: Durchführen, absagen oder verschieben?
Sieben Jahre hatte sich Japan mit viel Eifer auf Tokyo 2020 vorbereitet. Umgerechnet über 10 Milliarden Euro wendete man für den Bau der Stadien und Infrastruktur auf. Praktisch jede politische, verkehrstechnische oder touristische Handlung wurde in den vergangenen Jahren mit den Sommerspielen begründet. Der Ticketverkauf überstieg alle Erwartungen (Asienspiegel berichtete). Japan träumte von der Wiederholung der Aufbruchsstimmung von 1964, als Japan zum ersten Mal die Olympischen Spiele austragen durfte. Tokyo 2020 war bereit. Dann kam das Coronavirus, die Pandemie, die Absage grosser Veranstaltungen, der Stillstand im Weltsport, die Abschottung zahlreicher Länder, die Verschiebung der Euro 2020 und nun die immer drängendere Frage: Findet Tokyo 2020 überhaupt statt?
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Die japanische Regierung hat eine klare Antwort darauf: Ja, die Spiele finden statt. Seiko Hashimoto, die Ministerin für die Olympischen Spiele, betonte gestern noch einmal, dass Tokyo 2020 pünktlich und mit Zuschauern am 24. Juli eröffnet werde, wie die Asahi Shimbun berichtet. Auch Premierminister Shinzo Abe sagte zudem, dass die G-7 hinter diesem Entscheid stehen würde. Auch das IOK bleibt standhaft. Man stehe in engem Austausch mit der WHO, heisst es. Eine Absage stehe jedoch nicht zur Debatte. Seit gestern brennt das Olympische Feuer. Am 19. März wird es in Athen an das Olympische Komitee von Tokio feierlich übergeben.
Der Stimmungsumschwung
Für Japan mag es durchaus Gründe für die Zuversicht in der Krise geben. Noch bleibt der Welt Zeit, die Pandemie einzudämmen. In Japan selber ist die Zahl der Erkrankungen in den letzten Wochen nicht explosionsartig angestiegen, selbst nach einer Ausweitung der Tests (Asienspiegel berichtete). Ja, vielleicht mag im Sommer schon alles wieder vorbei sein? Die Menschen in Japan scheinen jedoch immer weniger in Stimmung für solche Gedankenspiele zu sein. Eine Umfrage von Kyodo News ergab, dass 69,9% der Japaner nicht davon ausgehen, dass die Sommerspiele planmässig ausgetragen werden können. Zu stark beschäftigt der Coronavirus Japan und die Welt.
Die Entschlossenheit der Organisatoren ist wohl damit zu begründen, dass es keinen Plan B gibt. Vertraglich müssen die Spiele 2020 stattfinden. Die einzige Alternative wäre eine Absage. Das gab es in Friedenszeiten aber noch nie. Drei Mal fanden die Spiele aus Kriegsgründen nicht statt: 1916 in Berlin, 1944 in London – und 1940 in Tokio.
Die Idee der Verschiebung
Nun sind andere Ideen gefragt. So hat zum Beispiel Haruyuki Takahashi, der im Vorstand des Organisationskomitee der Spiele 2020 sitzt, gegenüber dem Wall Street Journal vergangene Woche die Meinung geäussert, dass nur schon aus rein finanziellen Gründen eine Verschiebung eher wahrscheinlicher wäre als eine Absage. Er schlug vor, für den Notfall über eine Verschiebung der Spiele um 1 oder am besten 2 Jahre nachzudenken. Der Sommer 2022 wäre ideal, da in diesem Jahr die Fussballweltmeisterschaft in Katar erste Ende November stattfinden würde. Von offizieller Stelle wurde Takahashi für diese Äusserungen kritisiert.
In der Bevölkerung zeigt man sich derweil offen für diesen Vorschlag. Gemäss einer landesweite Umfrage der Asahi Shimbun befürworten 63 Prozent der Befragten eine Verschiebung. Unter den Hauptstädtern sind es sogar 67 Prozent. Nur 23 Prozent meinen, dass man die Spiele gemäss Plan durchführen sollte. 9 Prozent sind für eine Absage. Noch sind es etwas mehr als vier Monate bis zur Eröffnung.
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