Fieber messen im Bahnhof, Flughafen und auf der Autobahn
Die Coronavirus-Krise fordert zurzeit die ganze Welt heraus. Dieser Artikel ist ein Rückblick auf Ereignisse, die Japan in der Woche vom 13. bis 19. April 2020 beschäftigt haben.
1. Die Schwelle von 10’000 überschritten
Vor einer Woche waren es 7000, heute sind es über 10’000 bestätigte Covid-19-Fälle in ganz Japan. Das Tempo der Ansteckungen nimmt immer mehr an Fahrt auf. Tokio bleibt der Hotspot. Über 3000 Infektionen sind es in der Hauptstadt. Zugleich häufen sich die Fälle auch im Rest des Landes. Selbst auf der kleinen Insel Ishigaki in Okinawa ist das Virus angekommen.
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Die Regierung hat aus diesem Grund den Notstand diese Woche auf das ganze Land ausgeweitet und dies bis zum 6. Mai 2020. 13 Präfekturen haben inzwischen Geschäftsschliessungen veranlasst. Die Zentralregierung wird sämtlichen Einwohnern im Mai 100’000 Yen zukommen lassen. Für die Golden-Week-Feiertagsperiode (29. April bis 6. Mai) werden die Menschen nun gebeten, zu Hause zu bleiben (Asienspiegel berichtete). Die Lage ist ernst. Ein Expertenteam des Gesundheitsministeriums warnte diese Woche, dass es bis zu 400’000 Tote geben könnte, falls man keine Massnahmen erlassen würde. 850’000 würden in diesem Worst-Case-Szenario schwer erkranken.
2. Fieber messen im Bahnhof, Flughafen und auf der Autobahn
Man kennt die Bilder bereits aus China, wo an neuralgischen Punkten im öffentlichen Raum Temperaturchecks durchgeführt werden. Auch in Japan setzt man zunehmend auf diese Methode. In Yamagata hat man begonnen, auf drei Autobahnraststätten nahe der Präfekturgrenze, in zwei Bahnhöfen (Yamagata, Yonezawa), zwei Fernbus-Stationen wie auch in den Flughäfen Shonai und Yamagata die Körpertemperaturen von ankommenden Personen zu messen. Bis zum 24. April wird die Testphase durchgeführt. Ab dem 25. April soll die Massnahme vorläufig bis zum 10. Mai 2020 gelten. Yamagata will damit die weitere Ausbreitung des Coronavirus verhindern und Ausflüge in die Region während der Golden Week unterbinden. Rechtlich gesehen handelt es sich um freiwillige Kontrollen.
Im Tokioter Flughafen Haneda prüft man seit dieser Woche mit Wärmebildkameras die Körpertemperaturen aller abfliegenden Passagiere. Personen, die eine Körpertemperatur von mehr als 37,5 Grad aufweisen, werden nachdrücklich aufgefordert, von ihrem Flug abzusehen. In den Flughäfen New-Chitose bei Sapporo und Naha werden zudem alle ankommenden Passagiere auf dieselbe Weise kontrolliert (Asienspiegel berichtete). Man muss davon ausgehen, dass sich dieses System im ganzen Land etablieren wird.
3. JR-Hokkaido in der Krise
Für JR-Hokkaido, den Bahnbetreiber der Nordinsel, war die Privatisierung nie wirklich ein Erfolg, ganz im Gegenteil. Die Bahn kämpft seit Jahren gegen ihren Untergang (Asienspiegel berichtete). Viele Bahnlinien wurden in den vergangenen Jahren eingestellt. Die Covid-19-Krise beschleunigt nun diesen Prozess. Ein 46 Kilometer langer Abschnitt der Sasshō-Linie wurde diese Woche vorzeitig ausser Betrieb genommen. Eigentlich hätte dies erst am Ende der Golden-Week geschehen sollen.
Ausserdem hat JR-Hokkaido 1450 Angestellte vorübergehend von der Arbeit freigestellt. Die Bahn hat seit der Krise einen enormen Passagierrückgang hinnehmen müssen. Um Kosten zu sparen hat JR-Hokkaido zudem den Fahrplan stark ausgedünnt. Ohne Staatshilfe wird sich JR-Hokkaido kaum noch über Wasser halten können. Der Ausbau des Shinkansen bis nach Sapporo, von dem man sich finanziell viel verspricht, wird erst 2030 vollendet sein.
4. Home-Office im Land von Stempel und Faxgerät
Premierminister Shinzo Abe beklagte, dass es unter der Woche noch immer zu viele direkte Kontakte gebe. Man müsse diese um 70 bis 80 Prozent senken, um die Lage zu verbessern. Eine Umfrage zeigt jedoch, dass man noch weit von diesem Ziel entfernt ist. Am 12. April gaben 38,8 Prozent der Festangestellten in den bisherigen sieben Notstandspräfekturen an, dass sie inzwischen den ganzen Tag Home-Office machen. Im Rest des Landes waren es lediglich 13,8 Prozent. Der Wert steigt jedoch täglich.
Ein grosse Hindernis bei der Umstellung auf Homeoffice scheint die Stempelkultur zu sein. In Japan werden offizielle Dokumente und Verträge jeweils mit einem persönlichen Stempel (jp. hanko) abgesegnet. Aus diesem Grund pendeln noch immer viele Angestellte ins Büro. Bislang haben offenbar nur 40 Prozent der Unternehmen im Land auf ein digitales Signatur-System umgeschaltet. Die Krise könnte im Land von Stempel, Papier und Faxgerät zu einem Umdenken führen.
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