Sayonara Nachtleben
Die Coronavirus-Krise fordert zurzeit die ganze Welt heraus. Auch Japan hat eine weitere turbulente Woche hinter sich. In diesem Artikel fasse ich die Woche vom 30. März bis 5. April 2020 zusammen.
Japan trauert
Japan trauert um Ken Shimura. Der 70-jährige Komödiant ist am 29. März 2020 an einer schweren Lungenentzündung, die durch das neuartigen Coronavirus ausgelöst wurde, gestorben. Er gehörte seit den 1970ern zu den berühmtesten Komödianten im Land und war Teil der legendären Comedy-Truppe The Drifters. Mehrere Generationen sind mit ihm aufgewachsen. Er war bis vor seiner Erkrankung beruflich aktiv. Ken Shimura war die erste Berühmtheit in Japan, die sich öffentlich zur Covid-19-Erkrankung bekannte und damit – ähnlich wie der Schauspieler Tom Hanks – ein Bewusstsein für die Gefahr des Virus schuf.
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Hotspot Tokio
Es war keine gute Woche für Japan und für Tokio schon gar nicht. Die Covid-19-Fälle steigen ganz besonders in der Hauptstadt kontinuierlich an. Am gestrigen Samstag waren es zum ersten Mal überhaupt über 100 neue Fälle an einem einzigen Tag, nämlich 118. Heute Sonntag ist die Zahl nochmal auf 143 hochgeschnellt. Rund ein Drittel der über 3500 Erkrankungen im ganzen Land wurden in der Grossregion Tokio registriert. Schreitet die Verbreitung weiterhin in diesem Tempo fort, dann könnten die Krankenhäuser in Tokio schon bald an Kapazitätsgrenzen stossen, warnt eine Expertengruppe der Regierung. Es müssten jetzt weitreichender Massnahmen getroffen werden, um schlimmeres zu verhindern. Tokio und Osaka mieten vorsorglich Hotels, um dort Personen unterzubringen, die an Covid-19 erkrankt sind, aber nur leichte Symptome aufweisen. Auch App LINE soll nun helfen, die Lage im Land besser einzuschätzen (Asienspiegel berichtete).
Keine Post mehr aus Japan
Die japanische Post schränkt aufgrund der eingeschränkten Verbindungen im internationalen Luftverkehr ihre Lieferungen in über 150 Länder ein. EMS- und Luftpost-Sendungen in die Schweiz und Österreich sind beispielsweise nicht mehr möglich. Lieferungen nach Frankreich, aber auch nach Deutschland scheinen weiterhin zu funktionieren. Sämtliche SAL («Sea and Land»)-Lieferungen werden ebenfalls bis auf Weiteres eingestellt.
Tokyo 2021: Eine gute Idee?
Alle zuständigen Seiten haben sich darauf geeinigt, die verschobenen Olympischen Sommerspiele am 23. Juli 2021 zu eröffnen. Die Paralympischen Spiele werden am 24. August 2021 beginnen. Hierbei stellt sich die Frage, ob damit kein übereiliger Entscheid getroffen wurde? Ob die globale Krise bis 2021 ausgestanden ist, ist zurzeit ungewisser denn je.
Sayonara Nachtleben
Tokios Gouverneurin Yuriko Koike hat in einer Pressekonferenz erklärt, dass viele Covid-19-Neuansteckungen nicht mehr zurückverfolgt werden können. Viele dieser Fälle seien auf abendliche Besuche von Bars, Restaurants, Karaoke-Läden, Musikclubs, Izakayas und Nachtklubs zurückzuführen. Sie hat die Bevölkerung daher gebeten, auf solche nächtliche Aktivitäten zu verzichten. Es handelt sich zwar um rechtlich nicht bindende Ausgehbeschränkungen. Doch allein die Aufrufe der Behörden und die Sorge um die zunehmende Verbreitung des Coronavirus zeigen offenbar Wirkung – und dies ganze ohne Notstandsdeklaration der Zentralregierung (Asienspiegel berichtete). So haben die grossen Karaoke-Ketten Manekineko und Big Echo ihre insgesamt 400 Filialen bis 12. April geschlossen. Auch die Izakaya-Ketten Torikizoku und Kushikatsu Tanaka, die Vergnügungszentren von Round One, der Pubs von Hub sowie andere Restaurants haben dieselbe Massnahme ergriffen. Tokio hat zudem entschieden, die öffentlichen Schulen frühestens nach der Golden-Week-Feiertagsperiode Anfang Mai zu eröffnen. Eigentlich hätte der Schulbetrieb nächste Woche begonnen. Auch für Museen, Vergnügungsparks und grosse Veranstaltungen in Tokio ist bis zum 6. Mai Stillstand angesagt.
Das abgeschottete Land
Japan führt mit 195 Ländern diplomatische Beziehungen. Für 180 Länder gelten nun Einreiseverbote oder erschwerte Einreisebedingungen, die eine 14-tägige Quarantänepflicht beinhalten. Für Deutschland, die Schweiz und Österreich ist eine Einreise nach Japan nicht möglich, vorläufig bis zum 30. April 2020. In der aktuellen Lage muss man jedoch davon ausgehen, dass dieser Zustand noch mehrere Monate anhalten wird. Derweil hat Japan für gestrandete Touristen, deren Visa bald ablaufen, eine unbürokratische Massnahme getroffen (Asienspiegel berichtete). Der touristische Stillstand trifft übrigens ganz unterschiedliche Branchen. So leiden beispielsweise die Wagyū-Händler ganz besonders unter der aktuellen Lage (Asienspiegel berichtete).
Covid-19-Fälle: 0
Diese Woche haben auch die Präfekturen Toyama und Yamagata die ersten Covid-19-Erkrankungen vermelden müssen. Noch aber sind drei Regionen von Ansteckungen verschont geblieben. Es sind dies die ländlichen Präfekturen Iwate, Tottori und Shimane (Stand: 4. April 2020) (Asienspiegel berichtete).
Hilfe gegen den Maskenmangel
Japan will den Maskenmangel so schnell wie möglich beheben. Die inländischen Firmen sind zurzeit 24 Stunden am Produzieren. Die Kapazitäten wurden um das Dreifache erhöht. Selbst der Elektronikproduzent Sharp stellt inzwischen täglich 150’000 Stück her. Aus China werden laufend Masken importiert. Im April sollten so 700 Millionen neue Masken zur Verfügung stehen. Trotzdem bleibt es zurzeit schwierig, einen Mundschutz zu kaufen. Das hat damit zu tun, dass der Staat exponierte Branchen bevorzugt behandelt (Asienspiegel berichtete). Im Einzelhandel bleibt das Angebot dadurch beschränkt. Die Website 在庫速報.com verschafft einen Überblick. Hier sieht man den aktuellen Maskenbestand der einzelnen Online-Händler. Derweil gab es für eine Geschenkaktion der Regierung viel Spott (Asienspiegel berichtete). Übrigens kann man sich die Maske im Origami-Stil auch selber basteln (Asienspiegel berichtete).
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