Haruki Murakamis aufmunternde Radiosendung
Ein Rückblick auf Ereignisse, die Japan in der Woche vom 18. Mai bis 24. Mai 2020 beschäftigt haben.
MONTAG: Keine Fuji-Besteigung in diesem Sommer
Vier Wege führen jeweils zwischen Juli und September hoch zum Gipfel des Berges Fuji (Asienspiegel berichtete). Mit Abstand am populärsten ist die Yoshida-Route auf der Seite der Präfektur Yamanashi. Die weiteren drei Routen starten allesamt in der Präfektur Shizuoka. Bereits Ende April beschloss die Stadt Fujiyoshida, sämtliche 16 Berghütten und daraufhin die komplette Yoshida-Route in diesem Sommer zu schliessen. Zu gross sei die Gefahr einer Ansteckung (Asienspiegel berichtete). Die Präfektur Shizuoka hat nun nachgezogen. Auch ihre drei Routen werden für Bergsteiger nicht zugänglich sein. Es ist das erste Mal überhaupt, dass die Bergsteiger-Saison für den höchsten und schönsten Berg Japans komplett abgesagt werden muss.
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DIENSTAG: Tokio fährt wieder hoch
Die Zuversicht kehrt allmählich zurück. Seit dieser Woche hat das grosse Kaufhaus Takashimaya in Nihonbashi seine Tore wieder geöffnet (Asienspiegel berichtete). Das Kaufhaus Matsuya Ginza wird ab dem 25. Mai folgen. 850 der landesweit 1200 Starbucks sind ebenfalls in Betrieb, wobei in einigen lediglich Take-away angeboten wird. Die Modehauskette Uniqlo hat bereits am 11. Mai seinen Flagship-Store in Ginza wieder eröffnet. Während der Notlage blieben 311 Uniqlo-Läden geschlossen. Am 19. Mai waren es nur noch 137. Bei der Design-Kette Muji sind 317 von 477 Ablegern wieder offen. Alle Kaufhäuser und Läden haben strikte Vorsichtsmassnahmen für das Personal und die Kundschaft eingeführt (Asienspiegel berichtete).
MITTWOCH: Die Absage eines legendären Turniers
Jeden August messen sich die 49 besten Highschool-Baseballmannschaften des Landes im legendären Koshien-Stadion bei Kobe. 50’000 Zuschauer im Stadion und Millionen vor dem Fernseher verfolgen das Turnier in der Hoffnung, die Geburt des nächsten japanischen Superstars zu erleben. Die Covid-19-Krise zwingt nun auch diesen sommerlichen Höhepunkt in die Knie. Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg muss dieser Grossanlass abgesagt werden und damit auch die Vorausscheidungen in den einzelnen Präfekturen, bei denen insgesamt 3800 Schulmannschaften teilnehmen. Absagen sind in der Geschichte dieser Meisterschaft äusserst selten. 1918 verunmöglichten die «Reis-Unruhen» eine Durchführung. Zwischen 1941 und 1945 führte der Zweite Weltkrieg zu einem Stillstand.
DONNERSTAG: Tokyo 2021 ist die letzte Chance
Die verschobenen Olympischen Sommerspiele von Tokio werden am 23. Juli 2021 eröffnet (Asienspiegel berichtete). So sieht es zumindest der Plan vor. Sollte dies nicht möglich sein, wird es zu keiner weiteren Verschiebung kommen. Dies hat IOK-Präsident Thomas Bach in einem Interview mit BBC angedeutet. Es gebe keinen Plan B. Man könne nicht eine Ewigkeit die 3000 bis 5000 Mitarbeiter des Organisationskomitees weiter beschäftigen. Sommerspiele ohne Zuschauer sei zudem nicht, was das IOK wolle. In Japan haben Epidemiologen bereits Zweifel geäussert, dass die Spiele stattfinden können. Um sichere Spiele durchzuführen, müsste sich die Lage nicht nur in Japan, sondern auch im Rest der Welt entscheidende beruhigt haben. Ansonsten sei es schwierig, die ganze Welt im nächsten Sommer in Tokio willkommen zu heissen.
FREITAG: Haruki Murakamis «Stay Home Special»
Seit 2018 leitet der Autor Haruki Murakami auf Tokyo FM eine eigene Radioshow, in der er thematisch seine Lieblingssongs vorstellt. Immerhin ist die Musik im Leben und in den Werken des Autors allgegenwärtig. Noch vor seiner grossen Schriftsteller-Karriere besass er in den 1970er-Jahren zusammen mit seiner Frau die Jazz-Bar Peter Cat (Asienspiegel berichtete). Am Freitag gab es nun ein zweistündiges nächtliches «Stay Home Special». Dieses Mal wählt er Songs aus, die die Zuhörer in dieser schwierigen Zeit aufmuntern sollen, wie zum Beispiel «Over the Rainbow» von Ella Fitzgerald, «The Sun is Shining» von Bob Marley oder «What a Wonderful World» von Louis Armstrong (hier die Übersicht). Die Sendung war zugleich ein Aufruf für Liebe und Mitgefühl. Denn sonst würde man in einer unfreundlichen und trostlosen Post-Corona-Welt enden, mahnte er. In diesem Zusammengang kritisierte Murakami den Vergleich der Corona-Krise mit einem Krieg. Es gehe hier nicht darum, sich gegenseitig zu töten. Vielmehr sei es ein Kampf der Weisheit, damit wir alle am Leben bleiben. Auch Hörer-Fragen beantwortete der Autor. Man kann sie hier lesen.
WOCHENENDE: Die neue Normalität
Es war eine gute Woche für Japan. Die Zahl der neuen Covid-19-Fälle ging in allen Regionen kontinuierlich zurück. Das Land hat nun definitiv die erste Welle, die Ende März einsetzte, überstanden. Am Donnerstag wurde der Ausnahmezustand für die bevölkerungsreiche Region Osaka-Kyoto-Hyogo aufgehoben. In allen drei Präfekturen gab es innerhalb einer Woche weniger als 0,5 Neuansteckungen auf 100’000 Einwohner. Damit waren die Vorgabe für die Aufhebung des Notstandes erfüllt. Auch im Grossraum Tokio und auf der Nordinsel Hokkaido haben sich die Zahlen nun im einstelligen Bereich stabilisiert. Die Regierung wird voraussichtlich schon morgen Montag für diese Regionen das Ende des Ausnahmezustandes erklären. Damit wäre der Notstand in allen Landesteilen beendet. Das bedeutet jedoch nicht, dass nun einfach der Alltag wieder zurückkehrt. Auch in Japan werden in den Geschäften, Restaurants und im öffentlichen Verkehr neue Hygienemassnahmen eingeführt, die die Menschen noch lange Zeit begleiten werden. Es ist der Beginn einer «neuen Normalität», wie die japanischen Politiker in diesen Tagen wiederholt betonen.
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