Mehr Strassencafés für Japan

Als Europäer in Japan fällt einem schnell mal auf, dass man kaum Strassencafés erblickt. Kleine Aussenbereiche für Gäste findet man teilweise in den Mikro-Restaurants unter den Bahnviadukten, in modernen Gebäudekomplexen oder auf den Dachterrassen der Kaufhäuser, die man gerne als Biergärten gross vermarktet. Sie bleiben die Ausnahme.
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Für diesen Mangel gibt es verschiedene Gründe. In den extrem heissen Sommertagen zieht man es ganz einfach vor, in einen gekühlten Innenbereich zu flüchten. Ausserdem ist es eng in den Städten. Permanente und grossflächige Fussgängerzonen sind rar gesät1. Da bleibt kein Platz für Stuhl und Tisch. Die aktuelle Architektur der japanischen Städte ist letztlich gar nicht dafür gemacht.
Das Strassencafé als sicherer Ort

Die Corona-Krise könnte diesbezüglich einen Wandel einleiten. In Japan heisst es denn seit Wochen, dass man die «3 Mitsu» vermeiden soll (Asienspiegel berichtete). Gemeint sind damit enge und schlecht durchlüftete Räumlichkeiten2, dicht gedrängte Ansammlungen3 und nahe Kontakte4. Für die Restaurantbranche sind dies keine guten Nachrichten. Zahlreiche gastronomische Lokalitäten in Japan führen ihr Geschäft auf ganz wenigen Quadratmetern. Entsprechend zerbricht sich die Branche den Kopf. Verschiedene Sicherheitskonzepte werden zurzeit getestet (Asienspiegel berichtete).
Einen Lösungsansatz bietet nun das Verkehrsministerium. Eine neue Notmassnahme5 verspricht eine vereinfachte Bewilligung für die exklusive Nutzung des Gehsteigbereichs unmittelbar vor dem Restaurant6. Künftig soll man dort Tische und Stühle aufstellen7 und Takeaway anbieten dürfen8 .
Nutzungsgebühren fallen nicht an. Es muss jedoch genug Platz vorhanden sein, damit Passanten problemlos durchkommen. Je nach Lage müssen hierzu 2 bis 3,5 Meter bis zur Strasse frei bleiben. Eine weitere Bedingung ist, dass alles sauber bleibt und in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt werden kann. Denn diese Ausnahmeregelung gilt vorläufig bis zum 30. November 2020. Mit den Aussenbereichen erhalten die Restaurants automatisch mehr Platz. Vielen Kunden wird dies in der aktuellen Lage gefallen.
Die Restaurants leiden besonders
Es ist also gut möglich, dass Japans Städte künftig etwas mehr Strassencafé-Flair versprühen werden. Die Restaurants werden diese neue Möglichkeit dankend annehmen. Denn für viele geht es derzeit ums Überleben. Inzwischen mussten in Japan über alle Wirtschaftszweige hinweg 222 Unternehmen als direkte Folge der Coronakrise Insolvenz anmelden9. Nach den Hotels sind die Restaurants am stärksten betroffen.
- 歩行者天国 | hokōshatengoku | die Fussgängerzone ↩
- 密閉 | mippei | dicht verschliessen ↩
- 密集 | misshū | dicht gedrängt ↩
- 密接 | missetsu | nah, intim ↩
- 緊急措置 | kinkyūsochi | die Notmassnahme ↩
- 道路占用 | dōrosenyō | die Exklusivnutzung der Strasse ↩
- テラス営業 | terasu’eigyō | der Terrassenbetrieb ↩
- テイクアウト | teiku’auto | Takeout / Takeaway ↩
- 新型コロナウイルス関連倒産 | shingata koronauirus kanren tōsan | der Konkurs infolge des neuartigen Coronavirus ↩
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