Verboten: Der Blick auf das Smartphone beim Gehen

Der ständige Blick auf das Smartphone hat sich zur schlechten Angewohnheit unserer Gesellschaft entwickelt. Gefährlich wird es, wenn die «Smartphone Zombies» mit gesenktem Kopf und fixiertem Blick auf ihr Handy durch die Gegend spazieren. Die Japaner haben hierfür den Begriff Aruki Sumaho1 erschaffen. Es ist ein Zusammenzug der Wörter «aruku» (gehen) und «Smartphone»2. Besonders in den engen Grossstädten kommt es so täglich zu gefährlichen Situationen. Die Tokioter Feuerwehr führt sogar eine Statistik darüber.
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Zwischen 2014 und 2018 mussten 201 Personen wegen eines Aruki-Sumaho-Unfalls in ein Krankenhaus eingeliefert werden. Zumeist handelt es sich um Zusammenstösse. Der Grossteil davon geschieht auf der Strasse oder in den Bahnhöfen (Asienspiegel berichtete). Es kam auch schon zu tödlichen Unfällen. 2016 stürzte beispielsweise eine junge Frau vom Bahnsteig auf die Gleise und wurde dabei vom heranfahrenden Zug tödlich erfasst. Sie hatte vor dem Sturz ihren Blick auf den Handy-Bildschirm gerichtet und zugleich Kopfhörer an (Asienspiegel berichtete).
Die Verordnung gegen das Aruki-Sumaho

Die Stadt Yamato in der Präfektur Kanagawa bei Tokio beschreitet nun einen neuen Weg bei der Bekämpfung dieses Phänomens. Als erste politische Gemeinde im Land hat das Lokalparlament eine Verordnung erlassen, die das Aruki-Sumaho faktisch untersagt. Darin wird festgelegt, dass man bei der Benutzung des Smartphones im öffentlichen Raum3 stehen bleiben soll und dies an einem Ort, an dem man keine anderen Passanten behindert.
Wer dagegen verstösst, wird jedoch nicht mit einer Geldstrafe geahndet. Vielmehr soll die Verordnung4 ein Bewusstsein für die Gefahr dieses Verhaltens fördern5. Eingeführt wird die Verordnung am 1. Juli 2020. Künftig wird die Stadt mit Plakaten darauf aufmerksam machen. Yamato ist nach Kawasaki die Stadt mit der zweitgrössten Bevölkerungsdichte in der Präfektur. Weil die Probleme mit Aruki-Sumaho zunahmen, kam Bürgermeister Satoru Oki auf diese Idee. Er machte Yamato auch zur ersten Stadt in Japan, die in der Covid-19-Krise mittels Verordnung das Tragen der Maske im öffentlichen Raum forderte.
Kreative Kampagnen
In anderen Städten hat man bislang auf solche Verordnungen verzichtet. Vielmehr setzt man beim Problem des Aruki-Sumaho auf zuweilen kreative Kampagnen in den Bahnhöfen. Eine unmissverständliche Botschaft war 2016 im Bahnhof Sannomiya in Kobe zu sehen. Dort wurde gleich eine neue Abkürzung für die gehenden Smartphone-Zombies vorgeschlagen: «Aruki-Sumaho-Leute nennen wir von nun an ‹Aho› (Idiot)!», stand auf dem Plakat (siehe Tweet unten).
Auch der Telekomkonzern NTT Docomo macht immer wieder mit auffälligen Plakaten und amüsanten Werbevideos auf diese Gefahr aufmerksam.
- 歩きスマホ | aruki sumaho | das Smartphone benutzen beim Gehen ↩
- ながら歩き | nagara aruki | etwas machen beim Gehen (ein alternativer Ausdruck zu Aruki-Sumaho) ↩
- 公共の場 | kōkyō no ba | der öffentliche Raum ↩
- 条例 | jōrei | die Verordnung ↩
- 防止対策 | bōshi taisaku | die Präventivmassnahme ↩
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