Als plötzlich keine Touristen mehr kamen
Mit einem Gokart im Super Mario-Kostüm zwei Stunden lang durch die Strassen von Tokio fahren: Der Dienst Street Kart (vormals MariCar) war ein sonderbares Erfolgsprodukt des japanischen Tourismus-Booms der vergangenen Jahre.
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Die ausländischen Touristen liebten diese Fahrt. Es war ein wahr gewordener Traum einer jungen Generation, die im Westen mit der Videospiel-Reihe Mario Kart aufgewachsen war – das perfekte Japan-Klischee. Der Dienst war so erfolgreich, dass er sogar in andere Städte expandierte.
Der kläglich gescheiterte Hilferuf
Dieser Fokus auf die internationale Kundschaft wird Street Kart nun zum Verhängnis. Seit Ausbruch der Corona-Krise und dem Ausbleiben der Touristen ist es still geworden. Die Website existiert zwar noch. Die Kunden blieben jedoch aus.
Am 24. April 2020 kam schliesslich ein erster Hilferuf. Über die japanische Crowdfunding-Plattform suchte das Unternehmen finanzielle Unterstützung. Der Aufruf scheiterte kläglich. Gerade mal vier Personen hatten 11’569 Yen gespendet. Das sind umgerechnet nicht einmal 100 Euro. Es war zugleich ein vernichtendes Verdikt: Die Japaner zeigten schlichtweg kein Interesse an diesem Dienst.
Zwei folgenschwere Fehler
Im Nachhinein muss man feststellen, dass Street Kart zwei Fehler machte. Erstens fokussierte sich die Organisatoren zu einseitig auf die ausländische Kundschaft. Man kann es ihnen nicht vorwerfen. Sie waren bei Weitem nicht die Einzigen. Viel schlimmer war jedoch der Image-Schaden, den sie in Japan selber anrichteten.
Denn Street Kart, das jahrelang MariCar hiess, hatte den Ärger von Nintendo, dem Urheber der beliebten Videospiel-Serie Mario Kart auf sich gezogen (Asienspiegel berichtete). Tatsächlich erinnerte bei dieser Dienstleistung so ziemlich alles an Super Mario, auch wenn im Firmenname («MariCar») und im Slogan («Real Life SuperHero Kart») eine direkte Erwähnung vermieden wurde. MariCar lieh aber den Kunden für die Fahrt Kostüme bekannter Nintendo-Charaktere aus. Deren Fotos wurden zudem verwendet, um damit Werbung zu machen.
Der Gerichtsfall
Der Spielkonsolen-Konzern ging an diesem Geschäft leer aus. Aus diesem Grund wurde die Gokart-Firma 2017 wegen Urheberrechtsverletzung angeklagt. MariCar verlor auf der ganzen Linie. Der Name der Firma, die Website und auch die Kostüme mussten geändert werden.
Am 29. Januar 2020 wurde das endgültige Urteil gesprochen.Street Kart wurde zu einer Schadenersatzzahlung in der Höhe von 50 Millionen Yen an Nintendo verurteilt. Es sollte nicht der letzte harte Schlag sein. Nur wenige Wochen später folgte die Corona-Krise und die Grenzschliessung. Das einstige Erfolgsprodukt braucht nun dringend eine neue Kundschaft.
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