Die Neuerfindung der Evakuierungsorte
Die Gefahr des Coronavirus hat in den vergangenen Monaten alles andere zur Nebensache gemacht. Nun haben sich aber in Japan die Naturgewalten mit aller Wucht zurückgemeldet. Dieses Mal ist es Starkregen1, der auf der Südinsel Kyushu nach 2018 (Asienspiegel berichtete) ein weiteres Mal schwere Schäden anrichtet.
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Es begann am 4. Juli 2020 mit sintflutartigen Regenfällen in den Präfekturen Kumamoto und Kagoshima. Der Fluss Kumagawa trat über die Ufer2 und flutete dabei über 6000 Häuser. 11 Brücken wurden zerstört. Gestern wurde auch für die Präfekturen Fukuoka, Saga und Nagasaki im Norden von Kyushu die höchste Warnstufe ausgerufen3. Bis zum 6. Juli gab es 49 bestätigte Todesfälle. Die Regenfälle werden auch in den kommenden Tagen in weiten Teilen des Landes fortdauern – und damit steigt auch die Gefahr von weiteren Erdrutschen4 und Überschwemmungen5.
Evakuierung auf engstem Raum
Rund 1 Million Menschen in Kyushu wurden aufgerufen, Schutz zu suchen. Das Coronavirus stellt das krisenerprobte Japan dabei vor eine grosse Herausforderung. Gewöhnlich übernachten viele Einwohner an solchen Tagen in designierten Evakuierungsorten6, die es in allen Gemeinden gibt. Allein in Kumamoto wurden 86 Zentren geöffnet. Es handelt sich zumeist um Schulen, Gemeinde- und Sporthallen. Zahlreiche Menschen sitzen und schlafen hier auf engstem Raum. Mit der Gefahr einer Übertragung des Coronavirus sind solche Zustände jedoch unverantwortlich. Das Problem beschäftigt die Behörden seit Ausbruch der Corona-Krise. Doch um die Evakuierungszentren im ganzen Land darauf vorzubereiten, braucht es Zeit, die in Kyushu vielerorts gefehlt hat.
Eine Sofortmassnahme war nun, die Zahl der aufgenommenen Personen drastisch zu reduzieren, um genug Abstand in den Hallen zu schaffen. Behelfsmässig werden kleine Trennwände7 errichtet. Es wird regelmässig Fieber gemessen, desinfiziert, gelüftet und Maske getragen. Um die Zahl der Menschen in den Evakuierungszentren tief zu halten, wurden die Betroffenen gebeten, möglichst bei Verwandten und Freunden unterzukommen. Zusätzliche Evakuierungszentren wie auch die Bereitstellung von Hotelzimmern sind weitere Massnahmen, die Abhilfe schaffen sollen.
Neue Ideen sind gefragt
Auch Architekten und verschiedenste Unternehmen beschäftigen sich inzwischen mit diesem Problem. Das Verpackungsunternehmen Takamura hat beispielsweise Kartonhäuschen konzipiert, die sich einfach in Turnhallen aufstellen lassen. Neben Schlafzimmern lassen sich so auch temporäre Sitzungs- und Untersuchungszimmer errichten. Die 1,95 Meter hohen Wände garantieren nicht nur einen sicheren Abstand zum Nachbarn, sondern auch eine dringend notwendige Privatsphäre.
Einer war seiner Zeit bereits weit voraus. Der renommierte japanische Architekt Shigerun Ban hat schon 2011 ein Trennsystem mit Vorhängen entwickelt, das auch aktuell an einigen Orten zum Einsatz kommt (siehe Tweet). Sicher ist, dass die Corona-Krise die Anpassung der Architektur der japanischen Zufluchtsorte beschleunigen wird.
Die Überschwemmungen am Fluss Kumagawa
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