Die kostenpflichtige Plastiktüte: Ein Monat danach
Im Convenience Store konnte man bislang sichergehen, dass dem Kunden die Einkäufe in eine kostenlose Plastiktüte gelegt werden. Dabei wurden nicht selten gleich mehrere Tüten verwendet, um beispielsweise erwärmte Speisen von den anderen Produkten fein säuberlich zu trennen. Plastik wird in Japan selbst für die Verpackung einzelner Bonbons, Gemüse und Früchte verwendet. Es ist ein selbstverständlicher Aspekt der japanischen Dienstleistungskultur, der zugleich erheblich zur Plastikverschmutzung beiträgt.
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Daher gilt seit dem 1. Juli 2020 in Japan eine Gebührenpflicht für Plastiktüten (Asienspiegel berichtete). In den drei grossen Convenience Stores kosten die Einkaufstüten neu 3 bis 5 Yen. Etwas mehr als einen Monat nach der Einführung fällt die Bilanz der Minimärkte positiv aus. Bei Seven Eleven, Family Mart und Lawson lehnen bereits 75 bis 77 Prozent der Kunden die vom Kassierer angebotene Plastiktüte ab. Vor der Einführung der Gebührenpflicht waren es gerade mal 25 Prozent. Die Kunden haben sich schneller als erwartet angepasst.
Das Schlupfloch
Es ist aber noch ein weiter Weg zu einer Gesellschaft, die vollständig auf Plastiktüten verzichten kann. Denn die neue Regel bietet ein Schlupfloch. Beispielsweise muss keine Gebühr erhoben werden, wenn die Plastiktüte aus mindestens 25 Prozent Biomasse besteht.
So fallen beispielsweise im Seicomart, der grössten Minimarktkette auf der Nordinsel Hokkaido (Asienspiegel berichtete), keine zusätzlichen Kosten an. In ihren 1224 Ablegern gibt es weiterhin kostenlose Plastiktüten, die neu aber zu 30 Prozent aus Biomasse bestehen. Man wolle wegen der Corona-Krise den Kunden keine neuen Kosten aufbürden, lautet eine Begründung von Seicomart. Eine weitere Befürchtung ist, dass bei kostenpflichtigen Tüten nur noch so viel eingekauft wird, wie in beiden Händen Platz hat.
Die Einkaufstüte als Abfallbeutel
Eine andere Beobachtung hat zudem NHK News gemacht. Seit letztem Monat sind die Online-Verkäufe für Plastiktüten im Multipack im Vergleich zum Vorjahr um 300 Prozent angestiegen. Es scheint, dass sich die Japaner ganz einfach auf anderen Wegen mit dieser Ware eindecken.
Diese werden aber nicht unbedingt für den täglichen Einkauf verwendet. So war es in den japanischen Haushalten bis anhin üblich, die Tüten vom Minimarkt zu kleinen Abfallbeuteln umzufunktionieren. Einmal gefüllt, werden diese möglichst luftdicht geschlossen und erst dann im grossen häuslichen Abfalleimer entsorgt. Damit hält man nicht nur schlechte Gerüche, sondern auch Kakerlaken im feucht-heissen Japan effizient auf sichere Distanz. Zumindest werden die Tüten bei dieser Verwendung nicht einfach an einem öffentlichen Ort liegengelassen.
Und so bleibt die Erkenntnis, dass die Einführung der Gebührenpflicht ein erster kleiner und dennoch wichtiger Schritt ist. Es bleibt aber noch viel zu tun, in Japan wie auch in Europa.
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