Abe-Nachfolge: «Onkel Reiwa» ist der Favorit
Update, 16. September 2020
Das Parlament hat Yoshihide Suga zum neuen japanischen Regierungschef gewählt.
Im Rennen um die Nachfolge von Shinzo Abe (Asienspiegel berichtete) gibt es einen Favoriten. Es ist der 71-jährige Yoshihide Suga, der gestern seine Kandidatur offiziell bekanntgab. Eine Mehrheit der Abgeordneten der Regierungspartei LDP hat ihm die Unterstützung zugesagt. Damit ist es nur noch ein kleiner Schritt zum nächsten japanischen Regierungschef.
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Mit dieser Wahl würde sich Japan für die Kontinuität entscheiden. Denn Suga ist ein loyaler Wegbegleiter des abtretenden Premierministers. 2006, in der erster Regierungszeit von Shinzo Abe, amtete er als Minister für innere Angelegenheiten. Zu Beginn der zweiten Regierungszeit im Dezember 2012 wurde er zum Chefkabinettssekretär ernannt. Er ist es bis heute geblieben. Nur Finanzminister Taro Aso war genauso lang Teil des Kabinetts. Bei seiner Bekanntgabe der Kandidatur unterstricht er, dass er die Arbeit von Shinzo Abe fortsetzen möchte. Die Bewältigung der Corona-Krise und der Fokus auf die Wirtschaft seien die zentralen Themen. Die Beziehungen mit den USA bezeichnete er als Fundament der japanischen Aussenpolitik.
Zwei Vorzeichen sprechen für Suga
Als Chefkabinettssekretär wurde Suga zum Gesicht der Regierung. Er leitet die Pressekonferenzen. Als Koordinationsstelle zwischen den Ministerien behält er zudem den Überblick über sämtliche Vorgänge. Es macht ihn zu einer einflussreichen Person. Es verwundert daher nicht, dass aus einem Chefkabinettssekretär nicht selten ein Premierminister wird. Acht Mal war dies in der Nachkriegszeit der Fall. Shinzo Abe hatte diesen Posten unter Junichiro Koizumi ebenfalls inne.
Es ist nicht das einzige Vorzeichen, das für Suga spricht. Am 1. April 2019 war es Yoshihide Suga, der mit einer Tafel in der Hand den neuen Äranamen Reiwa den Weltöffentlichkeit verkündete (Asienspiegel berichtete). In Japan nennt man ihn seither Reiwa-Ojisan, «Onkel Reiwa». Diese medienwirksame Handlung wurde schon einmal in der Geschichte zu einem wichtigen Karrieresprungbrett. 1989 war es der damalige Chefkabinettssekretär Keizo Obuchi, der nach dem Ableben von Kaiser Hirohito den neuen Äranamen Heisei in derselben Art und Weise bekanntgab (Asienspiegel berichtete). Neun Jahre später war Obuchi Premierminister.
Zugleich unterscheidet sich Suga in einem Punkt von vielen seiner Parteikollegen. Er entstammt nicht aus einer Politiker-Dynastie wie Shinzo Abe oder Junichiro Koizumi. Suga wurde am 6. Dezember 1948 in der ländlichen Präfektur Akita als ältester Sohn eines Erdbeerbauern geboren. Nach der Highschool zog er 1967 nach Tokio, wo er anfänglich in einer Kartonfabrik arbeitete. Mit Jobs im Fischmarkt von Tsukiji und als Tellerwäscher in Shinjuku finanzierte er sich das Rechtsstudium an der Hosei-Universität. Nach der Hochschulausbildung arbeitete er 11 Jahre als Sekretär des LDP-Abgeordneten und späteren Ministers Hikosaburo Okonogi. 1987 wurde er selber Politiker. Als engagierter Wahlkämpfer gelang ihm der Sprung ins Parlament der Stadt Yokohama. 1996 folgte die Wahl zum Abgeordneten ins Unterhaus. Seither ist er auf der nationalen Bühne präsent.
Das Wahlverfahren
Die Wahl wird im September in zwei Etappen verlaufen. Wegen der Dringlichkeit wird die Regierungspartei LDP ihren neuen Vorsitzenden in einem einfachen Verfahren bestimmen, bei dem 394 LDP-Abgeordnete und 141 Parteivertreter aus allen Präfekturen ihre Stimme abgeben. Die meisten LDP-Abgeordneten sind einer sogenannten Faktion zugehörig, einer Untergruppe innerhalb der Partei. Sieben gibt es davon. Lediglich 64 sind faktionslos, darunter Yoshihide Suga. Da zurzeit fünf von sieben Faktionen sowie 20 bis 30 Faktionslose Suga unterstützen, gilt er als Favorit. Weitere Kandidaten sind der ehemalige Aussenminister Fumio Kishida und der ehemalige LDP-Generalsekretär Shigeru Ishiba.
Die Wahl des neuen LDP-Vorsitzenden wird am 14. September stattfinden. Anschliessend stellt sich der Gewinner voraussichtlich am 16. September im Parlament zur Wahl des Regierungschefs, wobei das Unterhaus das letzte Wort hat. Da die LDP dort die absolute Mehrheit besitzt, wird der Parteivorsitzende somit auch Premierminister. Die aktuelle Legislaturperiode des Unterhauses dauert bis Oktober 2021. Spätestens bis dann wird der neue mächtige Mann Japans Neuwahlen ausrufen müssen.
16.9.2020: Die Wahl von Suga und der Abschied von Abe
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