Wie ein japanischer Song die USA eroberte
Seit über 10 Jahren schreibe ich diesen Blog, bin mit Japan durch dick und dünn. Über 4300 Artikel haben sich so angesammelt. In dieser Serie stelle ich einen überarbeiteten Beitrag aus diesem Archiv vor. Der folgende Artikel erschien erstmals am 14. Januar 2013 auf asienspiegel.ch.
AUS DEM ARCHIV – 1963, als die Fernsehbilder noch schwarz-weiss waren und die Japaner das Fundament zum Wirtschaftswunder legten, stürmte der japanische Sänger Kyu Sakamoto die amerikanische Hitparade. Mit dem Song «Ue o muite arukō», das von Hachidai Nakamura komponiert wurde, besetzte er zwischen dem 15. Juni und 29. Juni 1963 die Nummer 1 der Billboard-Charts. Es folgte eine US-Tournee, ein Fernsehauftritt in der «Steve Allen Show» und über 13 Millionen verkaufte Platten. Es war das erste Mal überhaupt, dass ein japanisches, ja gar ein asiatisches Lied in den USA die Spitze der Hitparade erklomm – und dies nicht einmal 20 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg. Bis heute ist keinem japanischen Musiker mehr dieses Kunststück gelungen.
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In den USA gab man dem Lied einfachheitshalber den Namen «Sukiyaki Song». Doch mit dem Eintopf-Gericht Sukiyaki hat das Stück rein gar nichts zu tun. Es ist vielmehr ein Lied der Trauer und Resignation. Rokusuke Ei, der sich für den Text verantwortlich zeichnete, hatte darin seine Enttäuschung über die gescheiterte Protestbewegung gegen die amerikanisch-japanischen Sicherheitsallianz und die US-Militärpräsenz beschrieben. «Ich schaue hoch während ich gehe, damit die Tränen nicht zu Boden fallen, in Erinnerung an jene Frühlingstage. Heute Nacht bin ich einsam», heisst es zu Beginn.
Gleichzeitig kann der Song-Text als poetischer Ausdruck des Herzschmerzes interpretiert werden und so entwickelte sich «Ue o muite arukō» in Japan zu einem melancholischen Lied über die verlorene Liebe, mit dem sich jeder identifizieren konnte. Bereits 1961, zwei Jahre bevor er die USA eroberte, war der Song ein Hit in Japan.
Die amerikanischen Interpretationen
Aus dem «Sukiyaki Song» gingen in den USA verschiedene englischsprachige Cover-Versionen hervor. Die Band A Taste of Honey landete 1981 mit ihrer eigenen Interpretation ebenfalls einen Nummer-1-Hit. «It’s all because of you, I’m feeling sad and blue», singt das Frauen-Duo. Es ist ein Lied über Liebeskummer ganz ohne die Poesie und die Tiefe des Originals. Die Band 4 P.M. übernahm 1994 erfolgreich dieselbe Interpretation.
2014 war für Rikimaru Nakamura, dem Sohn des Komponisten Machidai Nakamura, die Zeit reif für eine originalgetreue, englischsprachige Interpretation des «Sukiyaki Song». Für diese Aufgabe verpflichtete er Yoko Ono. Daraus entstand «Look at the Sky», das sich inhaltlich ganz dem Original Ue o muite aruko verschreibt und vom britischen Sänger Olly Murs gesungen wurde.
Der tragische Tod
Den Erfolg des «Sukiyaki Song» konnte Kyu Sakamoto in den Jahren danach nicht mehr wiederholen. Am 12. August 1985, im Alter von 43 Jahren, wurde sein Leben abrupt beendet. Sakamoto sass im JAL-Flug 123, das auf dem Weg von Tokio nach Osaka am Berg Takamagahara zerschellte. Er verunglückte mit 519 weiteren Passagieren. 4 Menschen überlebten. Es ist bis heute der Unfall mit den meisten Todesopfern in der Geschichte der Zivilluftfahrt.
Kyu Sakamoto wurde in Tokio begraben. Der plötzliche Tod machte den Musiker endgültig zur Legende. Sakamotos Hit wurde auch in seiner Heimat unzählige Male gecovert und in Fernsehwerbungen wie für Suntory eingesetzt (siehe Video oben). Es gibt wohl keinen Abend in Japan, an dem sein «Sukiyaki Song» nicht im Karaoke gesungen wird.
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- Auch andere japanische Sänger haben es in die Top-100 der US-Billboard-Charts geschafft. Dem Japaner Piko-Taro gelang dies 2016 mit lediglich zwei Wörtern. » zum Artikel
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