Hokkaido, der Winter und Corona

Im Oktober war die Corona-Situation in Japan auffällig stabil. Doch mit Beginn der kälteren Jahreszeiten nehmen in Japan die Ansteckungszahlen zu. Mittlerweile meldet das Land täglich mehr als 1000 neue Covid-19-Fälle. Die Zahl der Intensivpatienten ist auf über 200 angestiegen. Vor einem Monat waren es erst 130. In Osaka verzeichnete man am 11. November 256 Neuansteckungen, so viel wie noch nie (Asienspiegel berichtete).
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In Japan ist man besorgt. Die Wahrscheinlichkeit, dass es ohne verstärkte Umsetzung von Schutzmassnahmen plötzlich zu einem rasanten Anstieg kommen kann, sei hoch, bescheinigte Shigeru Omi, Vorsitzender des Corona-Expertenkomitees der Regierung. Auch Premierminister Suga mahnte zur höchsten Vorsicht. Man müsse sich jetzt auf den Winter vorbereiten und alles dafür tun, dass man die Corona-Prävention in Einklang mit den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Aktivitäten bringe.
Hotspot Hokkaido
Einen Vorgeschmack auf die kommende Entwicklung gibt es momentan in Hokkaido, wo die Temperaturen bereits stark gefallen sind. Gestern schneite es sogar an einigen Orten. Die Nordinsel, die etwas mehr als 5 Millionen Einwohner zählt, ist mitten in einer weiteren Corona-Welle. Seit dem 5. November 2020 sind es täglich weit mehr als 100 neue Fälle, wobei Sapporo der Hotspot ist. Am 9. November 2020 waren es 200, so viel wie noch nie in dieser Krise. Im Moment sieht es nicht danach aus, dass sich die Lage stabilisiert.
Gouverneur Naomichi Suzuki hat am Wochenende die Warnstufe erhöht und Restaurants, Clubs und Bars im Ausgehviertel Susukino in Sapporo aufgefordert, die Öffnungszeiten zu kürzen. So werden offenbar viele Neuansteckungen auf nächtliche Aktivitäten zurückgeführt. Für Hokkaido ist es ein Déjà-vu. Im Februar musste die Nordinsel früher als alle anderen Regionen den Notstand ausrufen (Asienspiegel berichtete).
Die gefährliche winterliche Trockenheit
In den japanischen Medien diskutiert man über die möglichen Gründe für dieses Wiederaufflammen. Zweifellos spielt, wie in Europa, der Einbruch der kalten Jahreszeiten eine Rolle. Die Leute halten sich vermehrt in Innenräumen auf, heizen mehr und lüften weniger. In einem Gespräch mit der Mainichi Shimbun verweist Professor Noritsugu Tose von der Sapporo Medical University auf die winterliche Trockenheit, die die Verbreitung des Virus durch die Luft fördert.
Gestützt wird diese These durch eine neue Studie des Forschungsinstituts RIKEN in Kobe. Dessen Forscher haben mithilfe des Supercomputers Fugaku Simulationen erstellt, mit der weitere Erkenntnisse über das Infektionsrisiko in Innenräumen gewonnen wurden. Dabei fand man unter anderem heraus, dass in einer trockenen Umgebung mit 30 Prozent Luftfeuchtigkeit über eine Distanz von 1,8 Metern doppelt so viele Aerosole verbreitet werden wie bei einer Luftfeuchtigkeit von 60 Prozent. Die winterliche Trockenheit spielt dem Virus in die Hände. Die Forscher von RIKEN empfehlen daher, eine Luftfeuchtigkeit von 70 Prozent in Innenräumen anzustreben, viel zu lüften, und bei Gesprächen in einem Restaurant einen Mundschutz zu tragen und diesen nur abzunehmen, wenn man gerade isst oder trinkt.
Mehr Corona-Fälle wegen des Reiseverkehrs
Ausserdem wird vermutet, dass auch die Reisetätigkeit durch die staatlich geförderte «Go To Travel»-Kampagne zum Anstieg beigetragen haben könnte. So haben die Inlandsflüge am Flughafen New Chitose in Sapporo wieder deutlich zugenommen. Die Regierung in Tokio verweist hingegen darauf, dass es in Zusammenhang mit dem «Go To»-Programm lediglich 131 bestätigte Covid-19-Fälle gegeben habe. Immerhin hätten bislang über 31 Millionen Personen die Reisevergünstigung in Anspruch genommen. Dennoch könnte es sein, dass bei einem weiteren Anstieg die Nordinsel Hokkaido aus der «Go To»-Kampagne temporär ausgeschlossen wird, so wie es für die Region Tokio bis Ende September der Fall war. Fest steht, dass Hokkaido in den nächsten Wochen im Fokus steht.
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