Japanisch für Anfänger
Die Austragung von Tokyo 2020 im Sommer 2021 soll zum Beweis werden, dass die Menschheit das Coronavirus besiegt hat. Das ist zumindest die Vision von Regierungschef Yoshihide Suga (Asienspiegel berichtete). Die Grossveranstaltung wird zugleich zu einem Einführungskurs in die Sprache und Kultur des Landes. So hat die Regierung beschlossen, dass die Namen der japanischen Athleten in der «Familienname zuerst»-Reihenfolge angezeigt werden, so wie es im Japanischen üblich ist. Es ist eine Abkehr von der bisherigen Verwendung der westlichen Vorname-Familienname-Reihenfolge und eine Rückkehr zu einem traditionellen Ansatz. Asiatische Länder wie China, Hongkong, Südkorea, Nordkorea oder Taiwan schreiben seit jeher auch auf Englisch ihre Familiennamen zuerst. Künftig wird es im Fernsehen also nicht mehr «Ken Watanabe», sondern «Watanabe Ken» heissen.
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Es ist nicht die einzige Anpassung. Für die Reihenfolge beim Einmarsch der Nationen während der Eröffnungszeremonie wird die japanische 50-Silbenlaute-Tabelle (gojūon) zur Grundlage. Dies steht im Gegensatz zu den Olympischen Spielen von 1964 in Tokio, 1972 in Sapporo und 1998 in Nagano, als Japan bewusst auf das englische Alphabet setzte, um damit auch die Zugehörigkeit zur internationalen Gemeinschaft zu unterstreichen. Jetzt soll Tokyo 2020 zur Gelegenheit werden, die japanische Kultur auf der globalen Bühne in den Fokus zu rücken. Es ist nicht das erste Land, das nach diesem Prinzip vorgeht. In Rio de Janeiro 2016 und Pyeongchang 2018 wurde ebenfalls die Buchstabenfolge der Gastgeberländer verwendet.
Schwierige Umsetzung
Die Umstellung basiert auf einem Grundsatzentscheid. Im September 2019 verkündete die Regierung, die Familienname-Vorname-Reihenfolge künftig in allen fremdsprachigen Regierungsdokumenten zu verwenden (Asienspiegel berichtete). Seither werden auf den englischsprachigen Websites der Ministerien die Familiennamen konsequent zuerst geschrieben (hier ein Beispiel). Es ist so gesehen ein Entscheid für mehr Konsistenz.
Derweil sind in der Wirtschaftswelt, Wissenschaften und Medien lange nicht alle bereit, ein etabliertes System vom einen auf den anderen Tag zu ändern. Potenzielle Missverständnisse unter westlichen Lesern und hohe Folgekosten (Bsp. Visitenkarten) werden als Gründe für die Skepsis angegeben. Aus diesem Grund scheiterte im Jahr 2000 ein ähnlicher Vorstoss der Regierung. Vielmehr hat sich vielerorts die Regel durchgesetzt, dass der japanische Familienname jeweils in Grossbuchstaben geschrieben wird, egal welche Reihenfolge man anwendet (Bsp. Ken WATANABE / WATANABE Ken). Internationale Veranstaltungen wie die Olympischen Spiele sollen nun dazu dienen, die Umstellung auf die traditionelle Reihenfolge zu fördern.
Die Geschichte der Familiennamen
Bis zum Ende der Edo-Zeit 1868 trugen übrigens lediglich der Adel und die Kriegerklasse Familiennamen. Ab 1875, als sich das Land rasant nach westlichem Vorbild modernisierte, musste sich schliesslich jeder Japaner mit einem Nachnamen registrieren. Eine weitere Eigenheit ist die Vielfalt. So soll es rund 100‘000 verschiedene japanische Familiennamen geben, wobei die häufigsten Satō, Suzuki, Takahashi, Tanaka oder Watanabe sind. Zum Vergleich: In China sind schätzungsweise 3000 in Anwendung. In Korea etwas mehr als 280 (Asienspiegel berichtete).
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