Die Verschönerung der japanischen Städte

Im Inselstaat werden die Strom- und Telekommunikationsleitungen hauptsächlich oberirdisch verlegt. Das Kabelwirrwarr im Stadtbild fällt sofort auf. Kein anderes fortschrittliches Land zählt mehr Strommasten, 35,8 Millionen sind es. Dies führt dazu, dass in Tokio erst 8 Prozent und in Osaka 6 Prozent dieser Leitungen unterirdisch verlaufen. Im Gegensatz dazu sind es in Taipeh stolze 96 Prozent, in Hongkong und Singapur sogar 100 Prozent. Die Strommasten hinterlassen nicht nur einen hässlichen Eindruck, sie sind auch eine Gefahr nach Naturkatastrophen.
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Lange ging der Umbau gemächlich vonstatten. Zwischen 1986 und 2017 wurden 9900 Kilometer Kabel unter die Erde verlegt. Damals war dies mit viel Aufwand und Kosten verbunden, da man die Leitungen vornehmlich durch grössere Mehrzwecktunnel zog. Seit 2018 setzt das Land jedoch auf kleinere kostengünstigere Röhren, so wie es in vielen anderen Ländern üblich ist. Mit dieser Umstellung setzte sich das Verkehrsministerium damals zum Ziel, innerhalb von drei Jahren 1400 Kilometer Stromleitungen aus dem Strassenbild zu entfernen (Asienspiegel berichtete). Nun werden diese Bemühungen intensiviert. Das Verkehrsministerium hat angekündigt, bis 2025 ganze 4000 Kilometer Strassen von Strommasten zu befreien. Das entspricht fast einer Verdoppelung des bisherigen Tempos.
Die Stadtverschönerung

Das Resultat dieser Bemühungen ist für Japan-Reisende schon seit einiger Zeit sichtbar. Viele touristische Orte wurden auf diese Weise verschönert. Im historischen Viertel von Uchiko (Asienspiegel berichtete), bei der Hauptstrasse, die zur Burg von Himeji (Asienspiegel berichtete) führt, in Kurashiki oder in den Teehausvierteln von Kanazawa (Asienspiegel berichtete) hat man die eindrückliche Wirkung einer Entfernung der Strommasten schon früh erkannt.

Erst vor kurzem wurde das historische Händlerviertel von Tambasasayama in der Präfektur Hyogo von Strommasten befreit. Das wohl berühmteste Beispiel findet man in der alten Kaiserstadt Kyoto (Asienspiegel berichtete). Die engen Gassen des traditionellen Ausgehviertels Pontocho strahlen ohne das Kabelwirrwarr eine neue alte Schönheit aus. Die Bauarbeiten werden hier sogar per Blog detailliert dokumentiert.
Gefährliche Strommasten

Diese aufwendigen Umbauarbeiten tragen nicht nur zur Stadtverschönerung bei, sondern sind auch ein wichtiger Teil der Katastrophenprävention. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass umgefallene Masten nach Erdbeben, Tsunami und Taifunen zu einem gefährlichen Hindernis werden können. Besonders stark offenbarte sich dieses Problem nach dem Tsunami vom 11. März 2011, als rund 28’000 Strommasten zu Schaden kamen und so wichtige Fluchtwege versperrten. Nach dem Taifun Nummer 15 im September 2019 fiel aus demselben Grund in 930’000 Haushalten in der Präfektur Chiba der Strom aus.
Daher legen die Behörden bei der Beseitigung einen besonderen Fokus auf die Hauptstrassen und Fluchtwege. Eine genauso wichtige Aufgabe ist die Verhinderung einer weiteren Ausbreitung dieser Bausünde. Denn noch immer werden jährlich 70’000 neue Masten für Strom und Telekommunikation errichtet.
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