Der Ruf nach dem Lockdown
Die Lage in Japan ist besorgniserregend. Die Fallzahlen steigen seit zwei Wochen rasant an. Mittlerweile sind es über 25’000 Neuansteckungen pro Tag. Die Dunkelziffer ist hoch. Denn in Tokio werden täglich gerade mal 14’000 Menschen auf Covid-19 getestet. Die Positivitätsrate liegt bei hohen 22,8 Prozent. Die Zahl der Covid-19-Intensivpatienten im ganzen Land ist auf einem Rekordhoch von 1888 (Stand: 21.8.2021). Meldungen von Erkrankten, die kein Krankenhaus finden, häufen sich. In mindestens 23 Präfekturen sind die Krankenbetten zu weit über 50 Prozent belegt.
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Die Behörden sprechen zunehmend von einem unkontrollierbaren Zustand auf dem Niveau einer schweren Naturkatastrophe. Die Impfkampagne kommt zwar voran. Bislang sind jedoch erst 39,7 Prozent der Bevölkerung doppelt geimpft.
Die Forderung nach einem Lockdown
Die Delta-Variante des Coronavirus hebelt die Wirkung der punktuellen Massnahmen Japans aus. Hinzu kommt eine Corona-Müdigkeit in der Bevölkerung. Die wiederholten Notstände führen kaum noch zur gewünschten Selbstbeschränkung. Die Forderungen verpuffen. Den Behörden gehen die Optionen aus. Die Zustimmungsrate von Premier Suga ist im Keller.
Die Vereinigung der Gouverneure der japanischen Präfekturen schlägt nun Alarm. Sie forderte am Freitag von der Zentralregierung die zügige Prüfung eines Lockdown, um die Bewegungsaktivitäten drastisch zu reduzieren. Die bisherigen Massnahmen hätten sich als wirkungslos erwiesen. Ein Lockdown würde Japan helfen, den besorgniserregenden Anstieg der Fallzahlen endlich zu stoppen. Gleichzeitig könnte das Land die Impfkampagne in dieser Zeit vorantreiben. Der Inselstaat könnte damit wertvolle Zeit gewinnen.
Die Forderung ist nicht neu. Schon Anfang August, als die Zahlen bereits hochschnellten, drängten Gesundheitsexperten und Gouverneure die Regierung, den rechtlichen Rahmen für einen allfälligen Lockdown zu erörtern. Denn noch fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage für einen Lockdown im europäischen Stil.
Die Kosten eines Lockdown
Premierminister Yoshihide Suga hat sich bislang klar gegen einen harten Lockdown gestellt. Er hält die Politik von Ausgehverboten unter Strafandrohung für verfehlt. Genauso schwer wiegt für die Regierung die Sorge vor den wirtschaftlichen Folgen. Die Universität Tokio hat berechnet, dass ein sechswöchiger harter Lockdown der Wirtschaften einen Schaden in der Höhe von 1,5 Billionen Yen (rund 11,6 Milliarden Euro) zufügen würde.
Vielmehr setzt Suga ganz auf die Impfkampagne, die nun möglichst schnell viele Einwohner erreichen müsse. Die Frage dabei ist, wie lange das zunehmend überlastete Gesundheitswesen diese Politik mittragen kann. Fest steht, dass Japan vor schwierigen Entscheidungen steht. Zumindest deutet sich an, dass schon nächste Woche der Notstand auf weitere Präfekturen wie Aichi und Hokkaido ausgeweitet werden könnte.
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