Eine Lie­bes­er­klä­rung an den Reis

Eine Schü­le­rin, die ver­schla­fen hat, rennt mit einer Schei­be Weiss­brot (jp. sho­ku­pan) im Mund aus dem Haus: Es ist eine klas­si­sche, zahl­reich wie­der­ge­ge­be­ne Eröff­nungs­sze­ne in einem Man­ga oder Ani­me. Chi­ko­ku suru sho­ku­pan shōjo, «das Weiss­brot-Mäd­chen, das sich ver­spä­tet», nennt sich die­se Sze­ne, die sich in die Köp­fe meh­re­re Gene­ra­tio­nen ein­ge­brannt hat.

Der Prä­fek­tur Niiga­ta, die am meis­ten Reis in Japan pro­du­ziert (Asi­en­spie­gel berich­te­te), ist dies ein Dorn im Auge. Sie gibt die­ser spe­zi­fi­schen Sze­ne eine Mit­schuld dar­an, dass sich die Japa­ner zuneh­mend vom Reis abwen­den. Von Kome-bana­re ist auf Japa­nisch dies­be­züg­lich die Rede. 

Brot vs. Reis

Über den tat­säch­li­chen Ein­fluss die­ser Sze­ne lässt sich strei­ten. Tat­sa­che ist jedoch, dass der Reis auf­grund der heu­ti­gen Viel­falt an Spei­sen nicht mehr die Bedeu­tung von einst hat. Die Sta­tis­tik spricht dies­be­züg­lich eine deut­li­che Spra­che. 1962 wur­den pro Kopf 118,3 Kilo in einem Kalen­der­jahr kon­su­miert. Dies ent­sprach 5,4 Scha­len Reis pro Tag.

2020 ist der Kon­sum die­ser japa­ni­schen Haupt­nah­rung auf 50,7 Kilo pro Kopf gesun­ken. Das sind nur noch 2,3 Scha­len pro Tag. Zwar ist der Reis bei hohen 82 Pro­zent ein fes­ter Bestand­teil des Abend­essens. Beim Früh­stück grei­fen jedoch nur noch 53 Pro­zent zur Scha­le Reis und 31,4 Pro­zent zum Brot. 

Pro­jekt «Morning Musubi»

Für das Reis-Para­dies Niiga­ta wur­de es Zeit zum Han­deln und es setz­te dabei beim Weiss­brot-Mäd­chen an. Es hat sich vor­ge­nom­men, der legen­dä­ren Eröff­nungs­sze­ne eine neue Bedeu­tung zu geben und hat kur­zer­hand das Weiss­brot durch ein tra­di­tio­nel­les Omusubi, oder auch Oni­gi­ri genannt, ersetzt. Dabei han­delt sich um ein schön geform­tes Reis­bäll­chen – oder alter­na­tiv ein Reisdrei­eck – umhüllt von einem Nori-Algen­blatt. In des­sen Mit­te liegt jeweils gut umschlos­sen die Fül­lung, die von Fisch bis Umebo­shi reicht (Asi­en­spie­gel berich­te­te).

Ent­stan­den ist ein kur­zes Wer­be­vi­deo, in dem eine Schü­le­rin mit einem Omusubi im Mund has­tig zur Schu­le rennt. Am Ende des Films sieht man, wie sie genüss­lich den Reis­ball isst. Das Video kommt an. Über 120’000 Mal wur­de es auf You­tube auf­ge­ru­fen und auch von den japa­ni­schen Medi­en the­ma­ti­siert. In einem zwei­ten Kurz­film ist eine jun­ge arbei­ten­de Frau zu sehen, wie sie mit einem Omusubi im Mund zur Arbeit rennt. «Morning Musubi» ist das neue Schlag­wort die­ser Serie. Bis zum 14. Febru­ar wer­den zwei wei­te­re Kurz­fil­me publiziert. 

Gross ist in Niiga­ta die Hoff­nung, dass die Kam­pa­gne dem Reis in der Pop­kul­tur ein neu­es Image ver­leiht und dazu bei­trägt, dass der jähr­li­che Pro-Kopf-Kon­sum wie­der etwas ansteigt. 

Die «Morning Musubi»-Filme