Tokio im Stromsparmodus
Setsuden, «Stromsparen», ist im Grossraum Tokio das Wort der Stunde. Die Regierung gab am gestrigen Dienstag eine Warnung vor einem möglichen Stromausfall heraus. Der Grund für diese Lage ist das schwere Erdbeben von vergangener Woche (Asienspiegel berichtete). Seither ist das Kohlekraftwerk Shinchi in der Präfektur Fukushima ausser Betrieb. Eine Anlage, die für das Entladen der Kohle zuständig ist, wurde durch die Erschütterungen beschädigt. Derweil ist im Wärmekraft Hirono in derselben Präfektur der Block 6 ausgeschaltet, nachdem aus einem Transformator Öl ausgetreten war. Insgesamt können sechs Kraftwerke im Nordosten nicht ihre volle Leistung erbringen.
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Der gestrige Kälteeinbruch in der Hauptstadt brachte die Stromversorgung vollends an ihre Grenzen. Der Verbrauch stieg auf ein kritisches Niveau. Am Ende des Tages hing alles noch vom verbliebenen Wasser in den Pumpspeicherkraftwerken ab. Es wurde befürchtete, dass in 3 Millionen Haushalten temporär das Licht ausgehen könnte.
Der Aufruf zum Stromsparen
Es folgte ein Aufruf der Behörden und Medien, den Stromverbrauch dringend zu drosseln. Konkret wurde für die privaten Haushalte empfohlen, die Innentemperaturen auf unter 20 Grad zu senken, die Beleuchtung in den Häusern auf ein Minimum zu reduzieren, den Kühlschrank möglichst wenig zu öffnen und elektronische Geräte, die man nicht benötigt, vom Strom zu nehmen. Auch die Unternehmen reagierten. Elektronikläden schalteten ihre Fernseher komplett aus. Die Betreiber von Kaufhäusern und Wolkenkratzern schränkten ihren Stromverbrauch ebenfalls stark ein. Die Metropolregierung der Hauptstadt verzichtete auf die nächtliche Beleuchtung ihrer Wahrzeichen und Brücken (siehe Tweets oben und unten). Der Aufruf zeigte Wirkung. In den Nachtstunden konnte Strombetreiber TEPCO Entwarnung geben.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Engpässe damit enden. Die Reparatur der beschädigten Wärmekraftwerke wird mehrere Wochen oder sogar in Monate in Anspruch nehmen. Daher ist je nach Wetterlage mit einer weiteren akuten Stromknappheit für den Grossraum Tokio zu rechnen. Die Metropolregierung hat auch für den heutigen 23. März 2022 zum Stromsparen aufgerufen.
Bereits nach dem Erdbeben vom 16. März 2022 fiel der Strom in 2 Millionen Haushalten der Region temporär aus. Damals war es jedoch eine bewusste Massnahme der Strombetreiber, um einen noch grösseren, womöglich mehrtägigen Stromausfall zu verhindern.
Erinnerungen an 2011
Für die Hauptstadtbewohner ist es keine neue Erfahrung. Bereits nach dem Unfall im AKW Fukushima vor 11 Jahren wurde «Setsuden» zum geflügelten Wort. Im öffentlichen Raum wurde überall aufs Stromsparen aufmerksam gemacht, nachdem damals fast alle AKW-Reaktoren im Land aus Sicherheitsgründen zum Stillstand gekommen waren. Dem Land gelang es mit diesem Ansatz, die akute Stromknappheit ohne grössere Probleme zu überwinden. Der Aufruf zum Stromsparen endete erst im Sommer 2013 (Asienspiegel berichtete).
Der Tokyo Tower mit Minimalbeleuchtung
Der Skytree ohne Beleuchtung
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