Japan vor der grossen Öffnung

Auf einen Schlag könnte alles viel schneller gehen als erwartet. Der stellvertretende Chefkabinettssekretär Seiji Kihara hat in einem Interview mit Fuji TV erklärt, dass die Regierung weitreichende Lockerungen prüfe. Konkret nannte er die mögliche Aufhebung der aktuellen Obergrenze von 50’000 Einreisen pro Tag und damit verbunden die Wiederaufnahme des Einreise-Tourismus für Individualreisende und die Aufhebung der Visumpflicht. Es sei in absehbarer Zeit mit einem allumfassenden Entscheid zu rechnen, so Kihara. Er bezeichnete die gegenwärtigen Lockerungen als nicht ausreichend.
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In anderen Worten: Japan steht bezüglich Einreiseauflagen vor der Rückkehr zur Normalität. Dabei muss man wissen, dass ein Regierungsmitglied nicht einfach so seine Meinung im Fernsehen äussert. Das Verb «überprüfen» (jp. kentō) ist im politischen Fachjargon Japans stets ein klarer Hinweis darauf, dass hinter den Kulissen ein Grundsatzentscheid gefällt wurde und es nun um die Details der Umsetzung geht.
Der Grund für die Eile
Bislang fiel Japan für sein zögerliches Verhalten auf, wenn es darum ging, die Grenzen für Touristen und Ausländer:innen im Allgemeinen wieder zu eröffnen. Insofern überrascht dieser Meinungsumschwung. Doch für die Eile gibt es einen triftigen Grund: Es ist die Wirtschaft. Die Währung des Inselstaates verliert seit einigen Monaten massiv an Wert. Der Yen ist gegenüber dem Dollar so schwach wie seit 1998 nicht mehr (Asienspiegel berichtete). Die Importkosten und die Preise steigen (Asienspiegel berichtete).
So gesehen wäre eine vollwertige Aufhebung der Einreiserestriktionen ein Segen für die leidende Wirtschaft. Dies deutete auch Seiji Kihara an. Zum einen macht der schwache Yen Japan-Reisen für ausländische Touristen attraktiv und erschwinglich. Zum anderen würden so Millionen von Touristen auf einmal wieder Yen kaufen und damit helfen, die Währung zu stabilisieren (Asienspiegel berichtete).
Ferner sprach Kihara davon, dass die meisten Länder die Grenzen wieder geöffnet hätten und Japan diesbezüglich nicht zurückfallen dürfe. Ausserdem stehe mit dem Herbst eine der touristisch attraktivsten Jahreszeiten in Japan an, wie er weiter betonte (Asienspiegel berichtete).
Die aktuellen Auflagen
Es sind vielversprechende Neuigkeiten, die der stellvertretende Chefkabinettssekretär verkünden durfte. Noch aber braucht es etwas Geduld und eine kleine Portion Skepsis. Denn die bisherige Erfahrung zeigt, dass die Regierung trotz vielversprechender Ankündigungen immer wieder vor einer vollwertigen Öffnung zurückschreckte. Selbst in diesem Fall ist nicht auszuschliessen, dass einige lästige Auflagen bestehen bleiben werden. Es gilt daher, bis zur Verkündung des offiziellen Beschlusses der Regierung abzuwarten. Am heutigen Montag wurde bekannt, dass noch diese Woche mit einem definitiven Entscheid der Regierung zu rechnen ist.
Bis dahin bleiben die aktuellen Einreiserestriktionen in Kraft, wie die Obergrenze von täglich 50’000 Einreisen und die Visumpflicht für alle Ausländer:innen (Asienspiegel berichtete). Touristisch unterwegs sein dürfen nur Personen, die eine Pauschalreise mit oder ohne Guide über ein Reisebüro gebucht haben (Asienspiegel berichtete).
Neu: Multiple-Entry-Visum
Nebenbei gibt es für Geschäftsreisende und ausländische Familienangehörige von japanischen Staatsbürger:innen eine gute Nachricht: Diese dürfen ab sofort ein Multiple-Entry-Visum beantragen, das ihnen für den Zeitraum eines Jahres mehrere Einreisen erlaubt. Bislang stellten die Botschaften für Kurzaufenthalte lediglich ein Single-Entry-Visum aus.
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