Die heilige Landschaft von Kasuga
REISENOTIZEN – Ich bin zurzeit unterwegs in Japan. In dieser Serie teile ich meine täglichen Reiseerlebnisse und Beobachtungen.
In einem abgelegenen Tal im Nordwesten der Insel Hirado in der Präfektur Nagasaki liegt eine atemberaubende Landschaft. Unzählige malerische Reisterrassen wurden auf einem schmalen Streifen angebaut, vom Meer bis zu den Bergen erstreckt sich diese von Menschenhand geschaffene Landschaft. Gleichzeitig ist es ein heiliger Ort in der Geschichte der verborgenen Christen Japans, der heute zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. Denn die Bewohner dieses Dorfes namens Kasuga konvertierten im 16. Jahrhundert nach der Ankunft der ersten europäischen Missionare zum Katholizismus.
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Nach dem Verbot des Christentums in Japan zu Beginn der Edo-Zeit (1603 bis 1868) gab auch diese Gemeinde trotz strenger Überwachung ihren Glauben nicht auf. Im Geheimen gaben sie ihre selbst erdachten christlichen Rituale von Generation zu Generation weiter. Um nicht aufzufallen, unterhielten sie buddhistische und shintoistische Altäre in ihren Häusern. Gleichzeitig bewahrten sie verbotene christliche Andachtsgegenstände, Nandogami genannt, in einem versteckten Raum auf. Als Ersatz für die Kirche wurde der Berg Yasumandake, der sich über den Reisterrassen erhebt, zu einem heiligen Ort des Gebets. Auch die nahe gelegene Insel Nakaenoshima, auf der einst eine Gruppe von Katholiken den Märtyrertod erlitt, wurde zu einem Ort der Verehrung. Auf dem Maruoyama-Hügel befinden sich noch heute Überreste christlicher Gräber aus der Frühzeit des Christentums in Japan.
Keine Rückkehr zum Katholizismus
Eine Besonderheit des Dorfes Kasuga war, dass seine Bewohner nach der Aufhebung des Christenverbots 1873 nicht wie die meisten anderen japanischen Untergrundchristen zum Katholizismus zurückkehrten. Stattdessen entschieden sie sich, ihren in der Edo-Zeit entwickelten Glauben weiter zu praktizieren. Und so sucht man im Gegensatz zu anderen christlichen Gemeinschaften in Japan vergeblich nach einer Kirche. Die natürlichen Stätten und die privat aufbewahrten Devotionalien blieben die Orte und Objekte der Verehrung. In Kasuga mit seinen 15 Haushalten wird der christliche Glaube heute individuell ohne übergeordnete Organisation praktiziert. Und so hat die malerische Landschaft von Kasuga im Wissen um ihre abwechslungsreiche Geschichte und ihre heiligen Naturstätten bis heute eine ganz besondere Aura bewahrt.
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